© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/15 / 26. Juni 2015

Am 1. Juli eröffnet die erste islamische Vollbank in Deutschland
Schariakonform
Fabian Schmidt- Ahmad

Eigentlich ist der Koran eindeutig: „Oh, ihr Gläubigen! Nehmt nicht Zins, indem ihr in mehrfachen Beträgen wiedernehmt, was ihr ausgeliehen habt“, heißt es in Sure 3, Vers 130. Doch das strikte Zinsverbot ist für das findige Händlervolk der Araber seit jeher ein Ansporn für Wege der Umgehung gewesen. Islamic Banking heißt diese Geldwirtschaft, in der man vor allem in den letzten Jahren etwas macht, ohne es zu machen.

Fast drei Jahre zog sich die Genehmigung hin, doch ab 1. Juli darf die Kuveyt Türk Beteiligungsbank (KT Bank) als erste Vollbank Deutschlands Geschäfte im Einklang mit der Scharia anbieten. „Die Länge des Verfahrens ist der Natur der Sache geschuldet, da es hier ein bisher unbekanntes Geschäftsmodell einzuführen galt“, erläuterte KT-Chef Kemal Ozan der Wirtschaftswoche. Zu den Ethikrichtlinien gehört nicht nur der Verzicht auf „sündige“ Geschäfte mit Spirituosen, Schweinefleisch oder Glücksspiel. In dem formal zinslosen KT-Geschäftsmodell erhalten Kunden auf ihr Konto keine Zinsen, sondern eine Beteiligung am Gewinn der Bank – „tagesgenau“, wie KT-Geschäftsführer Ugurlu Soylu im Handelsblatt versprach. Allerdings ist wegen des deutschen Einlegerschutzes eine komplizierte Rechtskonstruktion nötig.

Auch auf Kreditnehmerseite betritt die KT Bank juristisches Neuland. Ein Kunde, der etwa eine Immobilie erwerben möchte, beauftragt die Bank mit dem Kauf. Diese verkauft ihm diese Immobilie zu einem höheren Preis, gewährt ihm aber zugleich Ratenzahlungen. Eigentlich würde dabei die Grunderwerbsteuer zweimal anfallen. Im Kreditvertrag gründen daher Bank und Kreditnehmer eine juristische Gesellschaft, in welcher der Eigentümerwechsel stattfindet.

Hier wird bereits deutlich, daß die neue Vollbank, die schon in diesem Jahr Filialen in Frankfurt, Mannheim, Berlin und Köln eröffnen will, ihr Geschäft eher auf Sachkredite beschränken wird. Anders als in den Golfstaaten oder Malaysia ist Islamic Banking in der Türkei noch eine Randerscheinung. Über ihre Istanbuler Mutter ist die KT Bank jedoch mit dem staatlichen Kuwait Finance House verbunden, der weltgrößten Islambank. Als Kunden wünscht sich die KT Bank ausdrücklich nicht nur Moslems. „Wir wollen eigentlich nicht die islamische Bank sein, sondern einfach eine wertebasierte Bank“, betonte der in Deutschland ausgebildete Soylu. Vor allem der deutsche Mittelstand steht auf der Wunschliste. „Wir wollen ein Brückenkopf zwischen dem Nahen Osten und Nordafrika einerseits und Deutschland andererseits sein.“ Hat das Modell Erfolg, will die Bank in andere Euro-Länder expandieren. Auch die Minizinsen im Euro-Raum und die wachsenden muslimischen Minderheiten dürften für steten Kundenzuwachs sorgen.


Kuveyt Türk Bank in Deutschland: www.kt-bank.de