© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/15 / 10. Juli 2015

Erst Kollekte, dann Lektüre
„Zenith“: Das Einsammeln von Spenden wird für unabhängige Medien immer wichtiger, auch als Anschubfinanzierung
Christian Schreiber

Es ist ein klassisches Nischenmagazin. Rund 8.000 Hefte beträgt die Druckauflage von Zenith – Zeitschrift für den Orient. Bislang ist das Magazin im Levante-Verlag in Berlin erschienen, 

Der Herausgeber ist ein eingetragener Verein in Hamburg. An der dortigen Uni entschlossen sich im Jahr 1999 eine Handvoll junger Islamwissenschaftler, eine Studentenzeitschrift über den Nahen Osten herauszugeben. Früh fand die Publikation Beachtung in der etablierten Medienwelt. „Der Orient jenseits bärtiger Mullahs“, schrieb der Spiegel, „ein Traum, der endlich in Erfüllung ging“ die Neue Zürcher Zeitung. 

Über die Jahre wurde Zenith ein kleiner, aber viel beachteter Mosaikstein in der deutschen Medienlandschaft, das Blatt ist für seine ausführlichen Berichte über den Nahen Osten bekannt. 

Die Medienlandschaft in Deutschland habe sich in den vergangenen Jahren verändert, schrieben die Herausgeber kürzlich. Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 seien „ihre“ Themen verstärkt in den Fokus gerückt. „Ist unser Ziel damit erreicht?“ fragen die Herausgeber und geben gleich die Antwort: „Nein, unsere Arbeit fängt jetzt erst an.“  Anfang 2015 wurde die Herausgeberschaft an die gemeinnützige Candid Foundation übertragen. Diese Stiftung ist verantwortlich für die inhaltliche Gestaltung des Magazins und muß für die Kosten von Redaktion und Autoren aufkommen. Und die sollen in den kommenden Monaten ansteigen, planen die Herausgeber doch, ihren Arbeitsschwerpunkt vor Ort zu verlegen. 

„Wir wollen keine Schreibtischtäter sein, sondern die Mitarbeiter in die Region schicken“, heißt es. Rund 20.000 Euro pro Ausgabe sind dafür veranschlagt. Um dieses Geld einzuspielen, hat der Verlag nun eine Spendenaktion („Von den Scheichs oder dem Mossad lassen wir uns nicht kaufen. Von Euch gerne!“) gestartet. Für 35 Euro können Leser ein Hemd mit der Aufschrift „Nahostexperte“ erwerben. Für 5.000 Euro bekochen die Herausgeber den Spender. Für 10.000 Euro gibt es eine Sammlermünze namens Zenith-Dinar. 

Der Trend ist unübersehbar: Kleine, unabhängige Publikationen starten immer öfter mit einer freiwilligen Anschubfinanzierung durch ihre künftigen Leser (Krautreporter, Prenzlauer Berg Nachrichten) oder finanzieren sich über Dauerspender („taz zahl’ ich“), die einen Verlag unterstützen, weil sie sein Weiterbestehen sichern wollen. Zenith fügt dieser Mischfinanzierungsform eine neue Variante hinzu.