© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/15 / 17. Juli 2015

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Triumph der Euro-Rebellen“, JF 29/15

Die Natur macht es vor

Man sollte nicht so viel über Politik reden, das regt nur auf und könnte bei großer Hitze sehr gefährlich werden. Ich zum Beispiel habe mich in die Natur begeben, in die Beobachtung jener Wesen, deren wunderbares Gefieder das Auge erfreut und deren Stimmen normalerweise die Ohren der Menschen  mit Wohlklang füllen. Doch es hat nichts genützt. Denn es gibt da ein Nest, in dem sich ein Ei zuviel befand, Betrug. Erst geschlüpft, entwickelte sich der fremde Vogel zu einem gefräßigen Anspruchsteller. Die Eltern wissen nun gar nicht mehr, woher sie das viele Futter holen sollen, das dieser verzehrt. Werden sie noch die Kraft aufbringen, jenem komischen Vogel, den sie selbst ausgebrütet haben, zu sagen: Hör mal gut zu, du hast jetzt genug bekommen, es gibt noch andere im Nest, und wir haben schließlich auch das Recht zu überleben, zudem könnten wir euch sonst nicht mehr füttern?

Manfred Eckstein, Coesfeld






Zu: „Merkel ist gescheitert“ von Bruno Bandulet, JF 29/15

Kanzlerin mit fatalem Ehrgeiz

Der falsche Ehrgeiz von Merkel, ihr Versagen bei der irrsinnigen Euro-Rettung  nicht eingestehen zu müssen, wird Deutschland mit weiteren Hilfsprogrammen zusätzliche Steuermilliarden kosten, die unrettbar verloren sind.

Herbert Gaiser, München






Zu: „Die Bewährung“ von Dieter Stein, JF 29/15

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Der Kommentar trifft ins Schwarze. Der AfD-Parteitag mit der Abwahl Luckes war ein Befreiungsschlag nach monatelanger Lähmung der Führungsspitze, die durch Luckes ungeschicktes Taktieren entstand. Nun verlassen leider einige Mitglieder, Funktionäre und sogar Abgeordnete die AfD – möglicherweise bis zu zweitausend. Aber das wäre nur ein Zehntel der Mitgliederschaft insgesamt. Das ist noch keine Spaltung, nur eine Abspaltung. Die Lucke-Fantruppe wird keine Chance mit einer neuen Partei haben. Die größte Gefahr für die AfD liegt, wie Stein schreibt, darin, daß der rechte Flügel nun versucht, die verbliebenen liberal-konservativen Mitglieder zu marginalisieren, und durch verbalradikales Kraftmeiertum öffentliche Skandale auslöst. Das darf nicht geschehen, weil die AfD sich sonst ins politische Abseits manövriert. Jetzt ist äußerste Disziplin gefordert. Ich appelliere an Frau Petry, daß sie den konservativ-liberalen Kurs hält. Große Hoffnung setze ich auf den neuen zweiten Vorsitzenden Jörg Meuthen, der ein klares ordoliberales und zugleich wertkonservatives Profil hat.

Dr. Peter Müller, München






Zu: „Luckes Erben“ von Marcus Schmidt & Hinrich Rohbohm, JF 29/15

Vorbildliche Linkspartei

Seit Anbeginn verfolge ich die Entwicklung der AfD. Stein des Anstoßes war die verfehlte Geldpolitik in der Eurozone. Im gesamten Land schaffte es diese Gruppierung, einen angestauten Frust in kürzester Zeit in ein alternatives und anspruchsvolles Politikangebot zu bündeln. Wie konnte das geschehen? Gibt es Vergleiche? Ich denke ja: Während der Regierung Schröder/Fischer entstand im Zuge der „Agenda 2010“ ein linkes Potential an unzufriedenen Parteigängern bei SPD und Grünen. Zusammen mit der PDS formierte sich die heutige Linkspartei mit heute erstaunlicher Festigkeit in der Wählerschaft. 

Die AfD ist das Ergebnis eines lange verborgenen Resonanzbodens in der bürgerlichen, liberalen, konservativen und nationalen Wählerschaft. Der Vertrag von Maastricht war wohl der entscheidende Auslöser. Unter Nichtbeachtung des Willens der deutschen Bevölkerung wurde die D-Mark zugunsten einer instabilen Währung abgeschafft und damit ein Stück Vertrauen den Deutschen zu sich selber genommen. Jeder halbwegs finanzwirtschaftlich gebildete Mensch wußte, daß diese europäische Währungsunion zum Scheitern verurteilt war. 

Der Lissabonvertrag offenbarte dann den zunehmend zentralistischen Charakter der EU. Erneut wurden die Deutschen nicht gefragt. Noch schlimmer, im Bundestag erfolgte eine Abstimmung, bei der die meisten Bundestagsabgeordneten weder den Inhalt des Vertrages noch seine Konsequenzen für die nationale Ebene verstanden oder kannten. Das blieb im Volk nicht unbemerkt. Eine Folge davon ist die immer geringere Wahlbeteilung. Schließlich sind im Bundestag gut achtzig Prozent aller wichtigen Entscheidungen längst nicht mehr ohne die EU umsetzbar. 

Folglich ist die AfD weit mehr als eine Ansammlung von renommierten Finanzfachleuten und Wirtschaftsprofessoren mit ihrer Kritik an der verfehlten Geldpolitik. Die AfD ist die Antwort auf die Entmachtung durch Brüssel. Es war nur eine Frage der Zeit, und der „richtige Anlaß“ war der Verlust in das Vertrauen der aktuellen Währung. Bernd Lucke und seine Gefährten haben nicht verstanden, welche Aufgabe und Chance die AfD für Millionen von Wählern darstellt. 

Die Entscheidung des Essener Bundesparteitages erschreckt, aber zu diesem „Boxkampf“ haben beide Seiten eingeladen, und daß es einen Verlierer geben würde – das wollte keiner mehr als Bernd Lucke. Er versuchte im Vorfeld alles an möglichen und merkwürdig anmutenden Mitteln einzusetzen, um seinen Kopf durchzusetzen. Und was hat er erreicht? Er offenbarte seine mangelhafte Fähigkeit, einer Partei als Vorsitzender vorzustehen. Das ist tragisch, wenn man bedenkt, was alles dieser Mann und unstreitig seine Mitstreiter für die AfD in den letzten Jahren geleistet, auf sich genommen haben. Lucke war es, der der AfD medial zur Geltung verhalf und sprichwörtlich seinen Kopf für alle möglichen Beleidigungen und abträglichen Bemerkungen zum Beispiel im Fernsehen hinhielt. Er schaffte es, eine breite Öffentlichkeit für ein schwieriges Thema, die Geldpolitik, zu interessieren und vermittelte anschaulich die Fehler und deren Folgen für den „kleinen Mann“. 

Die AfD hat nur dann eine Chance, wenn sie sich nicht vom einheitlichen Meinungsdruck und der einsetzenden Stigmatisierung als „rechtsaußen“ einschüchtern läßt, wenn sie weiterhin zahlreiche Persönlichkeiten in ihren Reihen vorweisen kann. Wenn sie den Mut besitzt, den offenen Diskurs innerparteilich beizubehalten und ihn öffentlich, ja im Grunde furchtlos zu führen. Das wird nicht einfach. Aber in Deutschland fehlt eine Partei, die die Interessen des eigenen Landes definiert und als Angebot an die Wählerschaft zur Abstimmung stellt.

Thomas Böhme, Laußnitz




Disziplinierte Leidenschaft

Kaum ist der Parteitag der AfD vorbei, hört man aus allen Ecken Stimmen, welche die Partei bereits auf dem Weg in den Eimer der Geschichte sehen. Der Versuch Luckes, die AfD als eine Art Ersatz-CDU vermischt mit einigen Elementen der FDP aufzustellen, hatte schon deswegen keine Zukunft, weil dieser politische Raum von den bürgerlichen Altparteien noch immer weitgehend besetzt ist. Hingegen bietet sich viel Platz in der rechten Mitte, den die CDU mit ihrem Abdriften nach links aufgegeben hat. Auf diese Position will Frauke Petry jetzt die AfD führen. Es hat sich gezegt, daß viele Kommentatoren die politische Potenz der neuen Vorsitzenden falsch eingeschätzt haben. Und gar die Behauptung, Frauke Petry sei ein „Kühlschrank“, geht sehr daneben. Ihre Bewerbungsrede war nämlich nicht nur ein Beispiel für disziplinierte Leidenschaft und hohe Eloquenz, sondern offenbarte auch ihre Fähigkeit, mit präzise gesetzten Pointen einen ganzen Saal mitzureißen und Beifallsstürme hervorzurufen. Während Lucke sich von den von Anfang an negativen, zum Teil verleumderischen Berichten vieler Medien über die Partei hat beeinflussen lassen, blieb Frauke Petry dank ihres sicheren Kompasses unberührt und ließ sich überhaupt nicht ins Bockshorn jagen. Da sie auch die bessere Strategin und Taktikerin ist, wird die Partei durch die Neuordnung an ihrer Spitze aller Voraussicht nach vorankommen. Das Schicksal der AfD wird sich wohl im Laufe dieses Jahres entscheiden. Wenn es auch gelingt, die Parteiorganisation aufrechtzuerhalten oder gar zu verbessern und ein attraktives Parteiprogramm fertigzustellen, kann die Partei die Lücke in der Parteienlandschaft schließen und für unser Land wichtige politische Impulse setzen.

Dieter Dziobaka, Hamburg






Zur Meldung: „Pegida kündigt Antritt bei Landtagswahlen an“, JF 29/15

Jedes legt noch schnell ein Ei ...

Während plötzlich CDU-Politiker der zweiten und dritten Reihe die Talkrunden bei den „Gebührenfinanzierten“ bevölkern und in völliger Kehrtwende zur eigenen Politik der letzten fünf Jahre den Grexit  beschwören, zerlegt sich das Original der Eurokritik, die AfD, gerade selber. Damit ist man den Etablierten voll auf den Leim gegangen. Mehr und mehr ausgegrenzt vom „öffentlich-rechtlichen Diskurs“ zur Euro- und Einwanderungspolitik, beschäftigte man sich zunehmend mit sich selber. 

Demnächst wird es also neben der AfD noch eine neue Lucke-Partei geben, die sich mit der FDP um bürgerlich-liberale Wählerstimmen balgt, während andererseits die AfD von Pegida Konkurrenz bekommen könnte, die verkündet, bei künftigen Landtagswahlen und dann der Bundestagswahl 2017 antreten zu wollen. Man fühlt sich fast an Wilhelm Busch erinnert: „Jedes legt noch schnell ein Ei, und dann kommt der Tod herbei.“

Dr. Jürgen Ptucha, Gotha






Zu: „An der Dämonisierung Deutschlands arbeiten“ von Oliver Busch, JF 29/15

Auch Chesney und Childers

Ihr Artikel über die Dämonisierung Deutschlands in der britischen Öffentlichkeit zitiert hauptsächlich H.G. Wells als literarisches Beispiel. Man sollte aber nicht vergessen, daß sofort nach dem Deutsch-Französischen Krieg und der Niederlage Frankreichs in Großbritannien Bücher erschienen, in denen Deutschland ganz konkret als neuer Erzfeind dargestellt wurde, etwa in den Werken von Chesney wie „The Battle of Dorking“, oder, eine Generation später, in Erskine Childers „The Riddle of the Sands“. 

Diese und andere Bücher riefen Großbritannien auf, sich militärisch auf eine Auseinandersetzung mit dem Deutschen Reich vorzubereiten und hatten konkrete Folgen auf seiten der britischen Regierung. In dieser Weise entstand eine anti-deutsch aufgeladene Atmosphäre in Großbritannien, die durch die Medien aufgegriffen und verstärkt wurde und am Ende die Regierung in den Krieg gegen das Deutsche Reich drängte.

Thomas Dunskus, Pfaffenhofen






Zu: „Die Außenseiter begehren auf“ von Stefan Peters, JF 28/15

Unlauterer Wettbewerb

Die zahlreichen Argumente gegen die „Fernsehsteuer“ für ARD und ZDF sind inzwischen Allgemeingut. Mich erstaunt, daß bislang ein Punkt nicht diskutiert wird. Es gibt den Begriff des „unlauteren Wettbewerbs“, der nach vielen Gesetzen, auch auf europäischer Ebene, verboten ist. Mit der Zwangsfinanzierung von ARD und ZDF haben wir einen unlauteren Wettbewerb, wie er extremer nicht sein könnte. Warum klagen die privaten Sender nicht, notfalls auf europäischer Ebene? Ist das juristisch nicht durchführbar, oder gibt es dafür andere Gründe? Die Medien gelten als die „vierte Gewalt“ im Staate. Sie müssen in einem demokratischen System unabhängig von Legislative und Exekutive sein. Dagegen wird verstoßen, denn es ist unbestreitbar, daß die genannten Sender den etablierten politischen Parteien dienen, als offensichtliche Gegenleistung für die vom Staat gewährleistete Finanzierung.

Dr. Edgar Umlauf, Garching






Zu: „Annäherungen mit dem Sühnezeichen“ von Thorsten Hinz, JF 28/15

Keine sowjetische Kollektivschuld

Die Kollektivschuldthese, wie sie auch der Historiker Dan Diner vertritt, widerspricht der Wirklichkeit. Auch im neuen Lexikon des Judentums heißt es: „An diesen (...) Ausrottungsaktionen müssen direkt oder indirekt große Teile der deutschen Bevölkerung selbst, mehr oder minder aktiv teilgenommen haben“ (Neues Lexikon des Judentums, Gütersloher Verlagshaus 2000). Diese übertriebene Einschätzung scheint die Richtschnur bei der Beurteilung des Massenmordes an den Juden durch das NS-Regime zu sein, entspricht aber kaum dem wahren Sachverhalt. Man kann nicht ein ganzes Volk für die Verbrechen seiner Führung verantwortlich machen. Man tat das auch nicht beim Archipel Gulag. Konrad Adenauer hat in den fünfziger Jahren schon gefragt, wie lange denn unser Volk noch auf der Anklagebank sitzen müsse. Es hat unter uns viele Nazigegner gegeben, sie waren fast alle vor der brutalen Willkürherrschaft verstummt. Die Bedrohung war allgegenwärtig. Eine regimekritische Äußerung konnte KZ oder noch Schlimmeres zur Folge haben. Der umstrittene Wiener Oberrabbiner Moishe Arye Friedman schrieb im Januar 2005 in einem Leserbrief in der FAZ: „Die Behauptung, daß die Groß- und Urgroßväter der heutigen jungen Deutschen durch die Bank Verbrecher waren, führt zu einer Entwurzelung und Selbstunterschätzung und letztlich zum Versuch, sich von der eigenen nationalen Identität abzuwenden. Diese Entwicklung ist eine große Gefahr für die Zukunft Deutschlands.“

Karl Robel, Teisendorf






Zu: „Krieg gegen den Bundestag“ von Paul Rosen, JF 25/15

Längst überholte Annahme

Ihr Beitrag erwähnt die potentielle Unmöglichkeit der Bundeswehr, einen Angriff auf das deutsche Territorium abzuwehren. Dies ist längst überholt. Heute wird der Bundesmarine befohlen, aus entfernten Meeren Invasoren auf deutsches Territorium zu holen, die den Staat überfluten, erpressen und seine Kultur und Lebensart auf den Kopf stellen.

Eberhard Koenig, Baiern