© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Bundesverfassungsgericht kippt das Betreuungsgeld
Von der Fahne gegangen
Jürgen Liminski

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Betreuungsgeld ist ambivalent. Zwar ist Kinderbetreuung nach dem Kinder- und Jugendhilferecht eine kommunale Aufgabe und für die Finanzausstattung der Kommunen sind die Länder zuständig. Darüber gab es schon vor Beginn der Krippenoffensive vor zehn Jahren eine Diskussion. Aber nach der Einführung vor allem der Krippenförderung gab es eben keine Kläger, so daß das Gesetz seinen Lauf nahm. Bis jetzt. 

Der Richterspruch aus Karlsruhe stellt de facto mit dem Betreuungsgeld also auch die Kita-Förderung durch den Bund in Frage. Sollte es da einen Kläger geben, etwa Bayern, müßte auch hier der Bund von der Förderung entlastet werden. Das ist auch der Hebel, um das bayerische Betreuungsgeld zu finanzieren.

Das Urteil ist aber ebenso deshalb ambivalent, weil die Richter auch den inhaltlichen Argumentationsweg ihrer Vorgänger in Karlsruhe hätten gehen können. 1999 hatte das oberste Gericht im Betreuungsurteil der Wahlfreiheit das Wort geredet. Diese sollte durch das bescheidene Betreuungsgeld als Anerkennung der elterlichen Erziehungsleistung wenigstens ansatzweise ermöglicht werden. Dieser Debatte sind die Richter ausgewichen. Für die Familien heißt das, daß der alte Verbündete, das Bundesverfassungsgericht, gesellschaftspolitisch nun endgültig von der Fahne gegangen ist.