© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31_32/15 / 24. Juli 2015

Ein Leben für die Einheit Tirols
Nachruf: Mit dem Tod des Freiheitskämpfers Peter Kienesberger verliert Südtirol eine Ikone des Ringens um Selbstbestimmung
Lukas Steinwandter

Dienstag vergangener Woche verstarb der Südtiroler Freiheitskämpfer Peter Kienesberger im Kreis seiner Familie im oberfränkischen Ebermannstadt. Der Tod des 73jährigen sorgte insbesondere in Tirol für zahlreiche Trauerbekundungen. Der Südtiroler Schützenkommandant Elmar Thaler erklärt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT: „Mit Peter Kienesberger geht ein Mann, dessen Sorge und dessen Gedanken bis zum letzten Atemzug Südtirol galten.“ Der Südtiroler Heimatbund dankte dem Verstorbenen „für seinen Einsatz für ein freies Tirol“. Er werde in der Geschichte des „Freiheitskampfes der sechziger Jahre, aber auch im friedlichen Kampf bis heute, immer ehrenvoll zu nennen sein.“ 

Geboren 1942 in Oberösterreich, schloß sich Kienesberger im Alter von 18 Jahren dem Südtiroler Widerstand  um die Aktivisten Jörg Klotz, Heinrich Oberleiter, Luis Amplatz, Egon Kufner und Erhard Hartung an. Ausschlaggebend hierfür waren die Feuernacht im Jahr 1961, in der der Befreiungsausschuß Südtirol (BAS) 37 Strommasten sprengte, und die daraufhin stattfindende Massenverhaftungswelle durch italienische Behörden mit ihren sich anschließenden grausamen Folterungen Südtiroler Häftlinge durch Carabinieri.

Kienesberger beteiligte sich aktiv am Widerstand, weshalb er in mehreren Südtirol-Prozessen in Österreich vor Gericht stand. In allen Fällen wurde er freigesprochen. So auch für das berühmte Attentat auf der Porzescharte 1967, bei dem vier italienische Soldaten ums Leben kamen. 

In einem „menschenrechtswidrigen Prozeß nach der faschistischen Strafprozeßordnung“, so der Südtirolsprecher der FPÖ, Werner Neubauer, wurden Kienesberger und Hartung in Abwesenheit zu lebenslänglicher, Kufner zu 24 Jahren Haft verurteilt. Zu der Zeit saßen die Freiheitskämpfer wegen derselben Causa in österreichischer Untersuchungshaft. Dort wurden sie in zweiter Instanz freigesprochen. 

Eine Begnadigung blieb Kienesberger verwehrt, da von ihm verlangt wurde, die ihnen angelasteten Taten zu bereuen, was einem Schuldeingeständnis gleichgekommen wäre. „Aus diesem Grund war es ihm auch bis zuletzt nicht möglich, jemals wieder sein geliebtes Südtirol zu besuchen“, unterstrich Neubauer.

Nach Forschungsergebnissen des österreichischen Militärhistorikers Hubert Speckner ist die Mitwirkung des italienischen Geheimdienstes bei der Ermordung der vier Soldaten nicht auszuschließen (JF 34/13). Laut dem Wissenschaftler ist es sogar höchst zweifelhaft, ob die Opfer überhaupt auf der Porzescharte zu Tode kamen.Nach dem Urteil setzte sich Kienesberger nach Nürnberg ab, wo er gemeinsam mit seiner Frau seit 1976 den „Buchdienst Südtirol“ betrieb, der auch die Zeitschrift Der Tiroler herausgab. 

Im Namen der Kameradschaft der ehemaligen Freiheitskämpfer würdigte Erhard Hartung das Wirken des Verstorbenen: „Kienesberger  war es verwehrt, das von ihm geliebte Südtirol besuchen zu können. So freute es ihn jedesmal, wenn er ehemalige Südtiroler Mitkämpfer und Freunde aus dem Kreis der Schützen in Nordtirol oder Nürnberg treffen konnte. Und wenn Freunde in Not geraten waren, hatte Peter Kienesberger sich stets als treuer Freund erwiesen.“