© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/15 / 07. August 2015

Zeitschriftenkritik: Stern Crime
Von Opfern, Tätern und Aufklärern
Werner Olles

Spektakuläre und ungeklärte Kriminalfälle faszinieren uns und lassen uns oft nicht los. Von Sigmund Freud stammt der Ausspruch, daß es kein Verbrechen gebe, von dem er sich nicht vorstellen könne, es selbst begangen zu haben. Das neue, zweimonatlich erscheinende Magazin Stern Crime beschäftigt sich mit Opfern, Tätern und Aufklärern von Verbrechen, mit ihren Vorgeschichten und den Motiven ihres Handelns.

Bernd Volland und Sebastian Moll erzählen in der ersten Ausgabe von Stern Crime (1/2015 ) die Geschichte des Highways 16, der im Norden vom Golf von Alaska ostwärts nach Prince George führt und von dort in den Süden der kanadischen Rocky Mountains. Mehr als tausend Kilometer führt der „Highway of Tears“, wie die Menschen ihn hier nennen, durch Kanadas einsamen Westen. Zwischen Oktober 1969 und Mai 2011 verschwinden dort 43 junge Frauen, die meisten indianische Ureinwohnerinnen. Manche spurlos, manche tauchen wieder auf: erschlagen, erwürgt, mißbraucht. Meist sind es Ausreißerinnen, Tramperinnen, Drogenabhängige und blutjunge Prostituierte, aber auch ganz normale Mädchen und Frauen, die urplötzlich verschwinden und irgendwann nackt in einem abgelegenen Flußbett, gefesselt an einem Holzfällerweg oder zufällig im Unterholz nahe des Highway 16 gefunden werden. Auch als einem Täter vier Morde nachgewiesen werden konnten, hörte das Töten nicht auf, und begonnen hatte es schon lange, bevor er geboren wurde. So ist der Highway auch weiter ein Jagdrevier für Mörder, die sich in der Einöde ungestört die Mädchen aussuchen, die irgendwo verloren am Straßenrand stehen.

Tristan war gerade dreizehn, als er 1998 bestialisch ermordet wurde. 150 Polizisten suchten damals nach dem Täter. Heute sucht nur noch einer: Kriminalhauptkommissar Uwe Fey, den der Fall auch nach 17 Jahren nicht losläßt. 25 Meter Akten hat Fey Seite für Seite durchgearbeitet und ein Gesicht gefunden, aber bis heute nicht den Mörder. Es war eines der schrecklichsten Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik: Am 26. März 1998 traf Tristan in einem Tunnel in der Nähe des Höchster Bahnhofs nach der Schule auf seinen Mörder. Fey hat die Bilder vom Tatort auch heute noch im Kopf. Es ist das Werk eines Metzgers, der sein Opfer wie ein Tier zerlegt. Der Kommissar wird nicht aufgeben und alles dafür tun, den Täter zu fassen. 

Über eine „Sklavin“ und ihren „Master“, die sich 2007 im Internet kennenlernten, berichtet ein weiterer Beitrag. Während Graham Dwyer, erfolgreicher Architekt, Ehemann und Vater zweier Kinder, nachts am Computer oder in den Schlafzimmern von Gespielinnen, die er mit Messern traktiert und dabei filmt, ein Doppelleben führt, ist die Assistenzlehrerin Elaine O’Hara das typische Opfer, das als Sexsklavin mit Hang zur Unterwerfung und Selbstverletzung ebenfalls ein zweites Leben führt. 2013 werden ihre Überreste auf einem Berg oberhalb Dublins gefunden. 

Kontakt: Gruner + Jahr GmbH, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg. Das Einzelheft kostet 4,80 Euro, ein Jahresabo 28,80 Euro.  www.stern-crime.de