© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Blick in die Medien
„European“: Ein Nachruf
Ronald Gläser

Warren Buffett hat einmal gesagt, der Investor von heute profitiere nicht vom Wachstum von gestern. So ging es auch der Börsenmedien AG, die der Redaktion von The European jetzt mir nichts, dir nichts das Geld abgedreht hat.

Nun war The European nie eine betriebswirtschaftliche Milchkuh. Im Gegenteil. Seit der Gründung 2009 war die Seite defizitär. Aber die Idee war gut und fand Aufmerksamkeit: Dort sollten Autoren unterschiedlicher Richtung zu Wort kommen, also auch konservative. Gründer Alexander Görlach hatte sich einiges beim Cicero abgeschaut, bei dem er vorher gearbeitet hatte.

Die Leser kamen sich wie in einem publizistischen Gemischtwarenladen vor. 

Den Höhepunkt erreichte das  Unternehmen 2012/13. Im September 2012 erschien die erste gedruckte Ausgabe in einer Traumauflage von 50.000 Exemplaren des bis dahin nur online verfügbaren Magazins. Die Feuilletons überschlugen sich mit Jubelmeldungen über das Startup, das den Weg in die Offline-Welt geschafft habe. Print sei doch nicht tot, triumphierte Görlach damals. Vierteljährlich erschien fortan das Heft.

Anfang 2013 gelang Görlach  mit der Veröffentlichung des Birgit-Kelle-Artikels „Dann mach doch die Bluse zu“ der Coup: Sein Blatt gewann über Nacht an Renommee und Leserschaft. Der Artikel wurde wegen seiner großen Popularität später zum Online-Phänomen des Jahres gewählt. 

Leider hat die Redaktion es nicht verstanden, an diese Erfolge mit weiteren konservativen Autoren anzuknüpfen. Gleichzeitig wurden aber auch ganz andere Positionen von The European transportiert, so daß Leser sich wie in einem publizistischen Gemischtwarenladen vorgekommen sein müssen. 

Die Reaktionen auf den Niedergang des European im JF-Kollegenkreis waren daher auch unterschiedlich: Sie reichten von einem nicht gehässig gemeinten „gefährlicher Mitbewerber ist aus dem Rennen“ bis zu „viel zu angepaßt“. Die Idee mit dem weltanschaulichen Kramladen war eben gut, aber nicht gut genug. Schade.