© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Jeder Katholik muß ein Kämpfer sein
Mathias von Gersdorff über Leben und Werk des brasilianischen Schriftstellers Plinio Corrêa de Oliveira
Martin Bürger

In Deutschland ist der am 3. Oktober 1995 verstorbene brasilianische Journalist und Schriftsteller Plinio Corrêa de Oliveira eher unbekannt. Mit dem durch Mathias von Gersdorff veröffentlichten Buch „Begegnung mit Plinio Corrêa de Oliveira. Katholischer Streiter in stürmischer Zeit“ könnte – und sollte – sich dies allerdings ändern.

Geboren wurde Plinio am 13. Dezember 1908. Bereits als Jugendlicher positionierte er sich ausdrücklich für die katholische Sache, was in der eher kirchenfeindlichen jungen brasilianischen Republik seiner Zeit nicht leicht war. Zunächst nur als Journalist, später dann auch kurzzeitig als Politiker, suchte Corrêa de Oliveira Einfluß auf die Gesellschaft zu nehmen. Dabei wurde er immer mehr zur kraftvollen Führungsfigur für die Katholiken in Brasilien. So donnerte er etwa im Mitteilungsblatt der „Katholischen Studentenaktion“, die von ihm gegründet worden war: „Heute ist jeder Katholik selbstverständlich ein Kämpfer. In einer Stadt, vor deren Toren der Feind sich aufgestellt hat, befinden sich alle Einwohner im Kriegszustand. Sie kämpfen, wie sie können, und Verräter ist derjenige, der vor den Ungewißheiten des Kampfes flieht, um feige Schutz zu suchen. Nun, in diesem Kampf, der mehr denn je droht, zyklopische Ausmaße anzunehmen, muß jeder Katholik ein Kämpfer sein und jeder Kämpfer ein wahrer Held.“

Das wohl bekannteste Werk von Plinio Corrêa de Oliveira heißt „Revolution und Gegenrevolution“ und wurde 1959 erstmals publiziert. Dabei handelt es sich „um einen philosophischen Essay, in dem die Geschichte der Christenheit seit dem Ende des Mittelalters analysiert wird. Die Revolution sei einzig und universell und bestehe aus mehreren historischen Etappen: Renaissance, Protestantismus, Französische Revolution, kommunistische Revolution und 1968er-Revolution samt ihrer vielen Verästelungen. Motor dieses Prozesses seien der Hochmut und die Sinnlichkeit. Beide haben den Egalitarismus zu einem metaphysischen Wert erhoben. Die moderne Welt, die die Revolution anstrebe, sei eine Utopie der völligen Gleichheit.“ Demgegenüber wolle die Gegenrevolution, auf die der Titel seines Buches anspielt, „die Wiedererrichtung dessen, was die Revolution zur Gänze zerstören will“, die Wiedererrichtung nämlich der christlichen Zivilisation. „Leitmotiv der Gegenrevolution muß für ihn die Restauration der Ordnung Christi im Frieden Christi sein, denn diese Ordnung sei für einen Christen die einzig wahre und legitime Ordnung.“

Für Leser der Gegenwart dürfte befremdlich klingen, daß Corrêa de Oliveira den sogenannten „Eliten“ in der Restauration der christlichen Ordnung eine prominente Rolle zugedacht hat. Was aber ist unter „Elite“ zu verstehen? „In einer Gesellschaft sollten mehrere Arten von Eliten existieren: Akademiker, Unternehmer, Politiker usw.“ Doch besondere Bedeutung maß er den historischen Eliten zu, wie etwa dem klassischen Adel. Diese Elite sei nicht so sehr aus den Verdiensten einer einzelnen Person entstanden, sondern habe sich in einem langsamen Prozeß herausgebildet, der sich gegenüber mehreren Generationen habe hinziehen können. Der Adel sei also weniger eine Elite von Individuen als von Familien. 

Dies sei auch der Fall bei anderen Formen historischer Eliten. „Die Welt benötigt Familien, die in der Lage sind, dem gesamten Gesellschaftsleben einen christlich-aristokratischen Stil zu geben.“ Der Adel solle „beispielhaft zeigen, wie man das Kreuz Christi uneingeschränkt und mit vollem Ernst annimmt und dies auch im täglichen Leben in die Praxis umsetzt“.

Mathias von Gersdorff ist ein mit rund 150 Seiten sehr kompaktes und gut lesbares Buch gelungen. Es ist zu hoffen, daß sich speziell die katholischen Leser vom Beispiel des Brasilianers motivieren lassen, selbst für die Sache Gottes aktiv zu werden. So wird sich jeder Katholik die gerade in ihrer Schlichtheit eindrucksvolle Inschrift am Grab von Corrêa de Oliveira verdienen: vir totus catholicus et apostolicus, plene romanus.

Mathias von Gersdorff: Begegnung mit Plinio Corrêa de Oliveira.Katholischer Streiter in stürmischer Zeit. Patrimonium-Verlag, Aachen 2015, gebunden, 154 Seiten, 14,80 Euro