© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/15 / 14. August 2015

Beim Tierwohl den Verbraucher in die Pflicht nehmen
Agrarwirtschaft: Eine schwarz-grüne Kontroverse über Obergrenzen in der Schweinehaltung
Dieter Menke

Die Grünen, die doch stets ein Hauch des „Antiautoritären“ umweht, blieben im Bundestagswahlkampf 2013 nicht zuletzt deshalb hinter eigenen Erwartungen zurück, weil sie den Eindruck vermittelten, dem Verbraucher vegetarische Kost zwangsweise verordnen zu wollen („Veggie-Day“). Den Glauben, grüne Politik oktroyieren zu müssen, hat die Wahlniederlage aber nicht erschüttert. So ist sich Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, sicher, auf dem Weg zu artgerechter Tierhaltung einen großen Sprung zu tun, wenn maximale Tierzahlen für Schweineställe festgelegt würden (top agrar, 3/15).

Verschwände Billigfleisch vom Markt?

Bei 2.000 Schweinen pro Betrieb will er die Obergrenze fixieren. Denn Landwirte, die nach US-Vorbild Massentierhaltung mit Zehntausenden Schweinen realisieren, seien nicht mehr in der Lage, Infektionen, Verletzungen und auffälliges Tierverhalten rechtzeitig zu erkennen. Überdies käme diese „Deckelung“ Produzenten wie Konsumenten gleichermaßen zugute. Denn mit der gesetzlich zurückgedrängten Konkurrenz der Großerzeuger, die mit ihrem permanenten Preisdruck bäuerliche Existenzen gefährden, hielte man den von ihnen verursachten rasanten Strukturwandel endlich auf, und „Billigfleisch“ verschwände vom Markt.

Ein grünes Projekt , das für Franz-Josef Holzenkamp, den Vorsitzenden der AG Ernährung und Landwirtschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, weder „praxistauglich noch ökonomisch tragfähig“ ist. Obergrenzen von 500 Sauen oder 2.000 Mastschweinen würden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Agrarwirtschaft gefährden und Abwanderung hervorrufen. Von den 200.000 tierhaltenden Betrieben seien 90 Prozent landwirtschaftliche Einzelunternehmen. Nur wenige agrarindustrielle Unternehmen wirtschaften mit 50.000 und mehr Tieren. Damit unterscheide sich die deutsche Landwirtschaft deutlich von hierzulande gesellschaftlich nicht akzeptierten US-Verhältnissen, wo 0,2 Prozent der Schweinefarmer über die Hälfte der Bestände halten. Wer die kleinräumigen, das Tierwohl eher garantierenden bäuerlichen Strukturen bewahren wolle, sollte sich daher politisch weniger auf Betriebsgrößen als auf den Verbraucher konzentrieren, um dessen Bereitschaft zu fördern, für höhere Qualität auch mehr zu zahlen.