© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/15 / 21. August 2015

BMWs teurer Flop und das unerwartete Erfolgsmodell
Grüner Reinfall
Jörg Fischer

Ob Eurokrise, TTIP-Unterwerfung oder Fachkräfteansturm – bei brisanten Fragen unterscheiden sich die deutschen Leitmedien von Lobbyisten- und Regierungspropaganda nur in Nuancen. Bei Technikthemen wird immerhin zugegeben, daß die besprochenen Produkte von Firmen „zu Testzwecken zur Verfügung gestellt oder auf Reisen, zu denen Journalisten eingeladen wurden, präsentiert“ wurden. Kommt grüner Zeitgeist hinzu, bleibt die Glaubwürdigkeit vollends auf der Strecke.

Nur so ist zu erklären, daß vorige Woche bei Focus, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Welt und Zeit eine fast wortgleiche und im April bereits auf Motor-Talk.net veröffentlichte Elektroauto-Hymne erschien. 2013 pries der Autor Michael Specht via Süddeutsche das „modernste Automobil der Welt“, 2014 dann auf Spiegel Online seinen „Fahrspaß“ mit dem 45.000 Euro teuren BMW i3. Spechts Fazit: „Ich werde weiter stromern“, weil dies „die künftige Art der automobilen Fortbewegung ist“ – das BMW-Marketing und die Kanzlerin („2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen“) durften sich freuen. Vor zehn Jahren mußte Specht hingegen noch bei Auto Bild gehen, nachdem der Stern aufdeckte, daß der Chefreporter bei einem Mercedes-Test geschummelt hatte.

Dabei hätte BMW laut seiner Halbjahresbilanz Schleichwerbung nicht nötig. Mit weltweit 1,1 Millionen abgesetzten Pkws und einer Umsatzrentabilität von 11,3 Prozent lagen die Münchner vor Daimler (960.000/9,9 Prozent) und Audi (902.000/9,8 Prozent). Im Juli war in Deutschland erstmals der für Familien und Senioren konzipierte 2er Tourer der neue BMW-Verkaufsschlager. Vom Elektro-i3 wurden 194 zugelassen, im ersten Halbjahr waren es 1.183 – 0,8 Prozent der BMW-Neuzulassungen. Ob die wegen der EU-CO2-Phobie auf drei Zylinder reduzierten 2er-Basismotoren langfristig „Fahrfreude und Effizienz“ garantieren, ist aber fraglich. Der journalistisch verklärte „emotionale Motorsound“ läßt Schlimmes ahnen.