© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/15 / 21. August 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die Radtour führt an einem Friedhof vorbei. Es ist Sonntag, das Wetter angenehm, also nehme ich mir eine halbe Stunde Zeit. Daß ich zuweilen gern über Friedhöfe streife, habe ich an dieser Stelle ja schon einmal erzählt (JF 22/14). Sie strahlen auf mich etwas Tröstliches aus. Gepflegte und mit frischen Blumen bepflanzte Grabstätten von schon vor vielen Jahren Verstorbenen zeigen, daß sie in den Herzen ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen tatsächlich nicht vergessen sind. Rührend auch die Grabstätten von Eheleuten, die in hohem Alter kurz hintereinander verstorben sind. Davon entdecke ich gleich drei. In dem einen Fall ist die Frau ihrem Mann zwei Monate später gefolgt, in den beiden anderen sind zuerst die Frauen gestorben und jeweils dreieinhalb Monate danach ihre Männer. Gern stelle ich mir beim Betrachten ihrer Gräber vor, daß alle diese Paare Ewigkeiten miteinander glücklich verheiratet gewesen sind und einfach nicht allein weiterleben wollten, als ihre Partner das Zeitliche segneten. Das klingt hoffnungslos romantisch? Mag sein, aber wie sagte schon Novalis: „Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder.“

Angesichts des geistigen Zuschnitts und der charakterlichen Disposition allzu vieler Zeitgenossen stellt sich ein Gefühl der Misanthropie zuweilen von selbst ein.

Neben dem Friedhof liegt auch einer für Tiere. Er wirkt verwahrlost. Die Wege und Grünflächen machen einen alles andere als gepflegten Eindruck. Laub ist hier schon ebenso lange nicht mehr geharkt worden wie der Rasen nicht gesprengt. Am Eingang zum Tierfriedhof am Pfötchenhain mahnt ein Hinweisschild, daß dies ein Ort der Würde und der Besinnung sei. Die Friedhofsverwaltung selbst scheint dazu allerdings nur wenig beitragen zu wollen. Dabei liegen Tierbestattungen im Trend, wie der Bundesverband der Tierbestatter (BVT) bestätigt. Jährlich werden bundesweit etwa 80.000 Tierkörper in Krematorien eingeäschert, bis zu 10.000 erhalten auf den etwa 120 Tierfriedhöfen in Deutschland ein Grab. Die Kosten dafür betragen laut Verband im Schnitt 125 Euro, hinzu kommen noch jährliche Pflegekosten von 75 Euro. Wer das alles seltsam findet, denke an Biche, Alcmene, Arsinoe, Thysbe, Phillis, Diana, Superbe, Amourette und Pax. Das sind die Namen der von Friedrich II. so innig geliebten italienischen Windspiele, einer Hunderasse. Der Große König ließ sie auf der Terrasse von Sanssouci bestatten. 

Eine widerständige Haltung muß man sich leisten wollen.