© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/15 / 21. August 2015

Umwelt
Über die Höfe reiten
Bernd Rademacher

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, nutzte die nachrichtenarme Zeit für eine Werbetour in eigener Sache. Mit einem Kometenschweif an Journalisten rauschte er auf „Höfetour“ durch Westfalen. Die Tour bestand allerdings nur aus zwei Etappen – und deren Rollen waren von vornherein klar verteilt: „Die Guten“ waren ein Bioland-Betrieb in Bergkamen, „die Bösen“ ein konventioneller Mastbetrieb im Münsterland.

Ausgaben für mehr Tierwohl werden weder von der Politik noch vom Konsumenten honoriert.

Beim Biobauern tollen 60 Schweine auf sauberem Stroh herum, beim konventionellen Bauern stehen dreitausend Schweine auf Spaltenböden. Hofreiter diktierte den Journalisten deutlich in die Mikrofone, welche Haltungsform er allen Landwirten verordnen will. In seinem Vortrag hingen konventionelle Schweinehaltung und Grundwasserbelastung mit der Entrechtung südamerikanischer Sojabauern irgendwie zusammen. Das sei den Bauern wohl „entglitten“ und müsse nun dringend korrigiert werden. Daß der Marktanteil der Ökoschweine lediglich ein Prozent beträgt, wie der Halter selbst einräumte, stört den Obergrünen nicht. Er führte klar aus, wie er die große Wende in der Nutztierhaltung bewerkstelligen wolle: mit einer Verschärfung des Ordnungsrechtes und einer Umschichtung von Direktzahlungen.

Der Inhaber des „bösen“ Betriebes verteidigte sich und argumentierte gegen eine verordnete Rückkehr zur Haltung auf Stroh mit den Problemen von Pilzbefall und Fäule. Zudem rechnete er vor, daß er im letzten Jahr 15.000 Euro für mehr Tierkomfort investiert habe, dies aber weder von der Politik noch vom Verbraucher durch höhere Preise honoriert werde. Für den konventionellen Bauern sind Hofreiters Planwirtschaftsspiele ein Untergangsszenario. Zum Abschied sagte er dem Grünen-Politiker: „Vergessen Sie nicht, wir leben von dem Ganzen hier.“ Doch da hatten die Journalisten den Betrieb schon wieder schleunigst verlassen.