© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/15 / 28. August 2015

Sender löscht Fernsehdebatte aus Mediathek
Unnötige Selbstzensur
Giselher Suhr

Das Publikum muß WDR-Intendant Tom Buhrow dankbar sein, daß er die „Hart aber fair“-Sendung zum Thema Gleichheitswahn wegzensierte. Einmal, weil die sehenswerte Sendung so viel mehr Zuschauer fand. Denn sie ist, so geht das heute, immer noch auf anderen Servern im Netz verfügbar. Zum andern macht der Fall schlaglichtartig deutlich, wer in den Sendern das Sagen hat: die angeblich „politikfernen“ Rundfunkräte. Der Intendant knickte ein aufgrund von höflichen Schreiben mit dem Betreff „Programmbeschwerde“ und der Behandlung des Falls im Rundfunkrat. 

Das Gute daran: Der Gebührenzahler sieht erneut, wie kurz die Leine ist, an der die Programmacher geführt werden. Tatsächlich ist eine herausgenommene Sendung nur ein Bruchteil der alltäglichen Zensur in den öffentlich-rechtlichen Anstalten. Denn der Druck, den die Räte ausüben, ist allgegenwärtig. Ein Intendant, der wiedergewählt werden will, muß sich fügen. Und jeder, der im Sender vorankommen will, weiß, daß er nicht unangenehm auffallen darf. Die Zensur findet statt. Aber niemand kann sie beweisen, weil sie beginnt, bevor überhaupt eine Sendung produziert wird. Nur ein prominenter Kopf wie Plasberg kann es im Einzelfall riskieren, gegen den Mainstream zu rudern.







Giselher Suhr war Redakteur beim ZDF, unter anderem für „Kennzeichen D“.