© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/15 / 04. September 2015

Schulpflichtige Asylbewerber
Nicht so realitätsfern
Elena Hickman

Manche fürchten den Tag, andere sehnen ihn herbei: Die Schule geht wieder los. Darunter auch für zahlreiche Kinder, die die Schulträger vor den Sommerferien noch nicht auf ihrer Liste hatten. Allein in Niedersachsen, wo an diesem Donnerstag der Unterricht beginnt, rechnet man für dieses Jahr mit 20.000 bis 32.000 Asylbewerbern im schulpflichtigen Alter. Die Schulen sind mit dieser Flut aber völlig überfordert. Pensionierte Lehrer werden aus dem Ruhestand geholt, Lehramtsstudenten unterrichten plötzlich in ihrem Praktikum Asylkinder von 8 bis 17 Jahren. Viele der Kinder sprechen kaum Deutsch, manche können noch nicht einmal lesen oder schreiben. Und da sich intensiv um die Asylkinder gekümmert werden muß, fallen andere – vorzugsweise diejenigen mit Förderbedarf – hinten runter. 

Ginge es nach Manfred Schmidt, dem Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, sollten Kinder von Asylbewerbern erst dann in Deutschland eingeschult werden, wenn ihr Antrag positiv beschieden wurde. Das sind, wir wissen es, die wenigsten. Sogar den anderen gegenüber wäre das fair. Sie müßten sich nicht für ein paar Monate in einer Klasse eingewöhnen, nur um dann wieder aus ihr herausgerissen zu werden. 

Der Vorstoß von Schmidt paßt vielen nicht in die Traumvorstellung von „Bildung für alle“. Aber er ist wenigstens nicht so realitätsfern.