© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/15 / 04. September 2015

Freistellungsaufträge müssen für 2016 oft neu gestellt werden
Neue Bürokratie gegen Sparer
Ronald Gläser

Sie haben ein Konto, auf dem Zinsen oder Dividenden eingehen? Und dazu einen Freistellungsauftrag, damit Ihnen der Staat von den paar Kröten nicht auch noch ein Drittel wegnimmt? Na, dann ist ja alles gut. Falsch gedacht. Demnächst ist dieser Freistellungsauftrag vielleicht wertlos. Ab 1. Januar 2016 können die Freistellungsaufträge nur noch berücksichtigt werden, wenn mit der Erteilung auch die Steuer-Identitätsnummer (ID) eingereicht worden ist. Nur jene Sparer, die in den letzten Jahren einen solchen Auftrag erteilt haben, können das überhaupt gemacht haben. Die bundeseinheitliche Nummer gibt es erst seit 2008. Sie wird mit der Post an Neugeborene verschickt, selbst Asylbewerber bekommen sie zugestellt, sobald sie in Deutschland registriert worden sind. 

Wer einen älteren Freistellungsauftrag hat oder wessen Bank nicht nach der Nummer gefragt hat, dessen Freistellungauftrag wird ungültig. Nun ließe sich ja entgegnen, daß der Sparer sich das Geld mit seiner Steuererklärung zurückholen kann. Sicher, das stimmt. Aber das ist natürlich ein Extra-Aufwand. Er muß es wissen und darf es nicht vergessen. Sonst ist das Geld futsch. Das ist wie bei einem Lockangebot eines Fitnesscenters: Werde Kunde und kündige fristgerecht, dann mußt du nichts oder nur wenig bezahlen. Wer es dann aber verbummelt – und das wird natürlich einkalkuliert –, der muß die komplette Jahresgebühr bezahlen.

Von diesem Trick einmal abgesehen sollte die Besteuerung von Kapitalerträgen einmal grundsätzlich hinterfragt werden. In der Ära Kohl waren Zinserträge von bis zu 6.100 D-Mark (3.119 Euro) steuerfrei. Unter Rot-Grün waren es dann nur noch 1.421 Euro. Mit Angela Merkel sind die Freibeträge auf 801 Euro zusammengeschmolzen. Hinzu kommt die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank. Und schon bald werden Politiker diesen winzigen Freibetrag als ungerecht brandmarken und abschaffen. Die Regelung mit der Steuer-ID weist klar in diese Richung.