© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/15 / 04. September 2015

Europäische Asylpolitik: Fernab von Einheitlichkeit und Solidarität
Nur Nieten in der „Dublin-Lotterie“
(ob)

Was Brüssel europäisch regelt, ist oft schlecht geregelt. Das derzeit kollabierende Dub-lin-Asylsystem bestätigt diese Feststellung einmal mehr. Nach den ineffizienten Programmen von Tampere (1999), Den Haag (2005) und Stockholm (2010) sollte mit dem Dubliner Übereinkommen, dessen maßgebliche III. Verordnung 2013 in Kraft trat, ein vom Grundsatz der „Solidarität und gerechten Aufteilung“ geprägtes EU-Asylregelwerk geschaffen werden. Herausgekommen ist, wie der Stuttgarter Verwaltungsrichter und Honorarprofessor Jan Bergmann bilanziert (Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, 3/2015), eine „Dublin-Lotterie“, in der Deuschland nur Nieten zieht. Bereits 2014 hatte Deutschland, einer von 32 Vertragsstaaten, mit 202.000 Asylanträgen über ein Drittel der Verfahren zu bewältigen. Diese extreme Ungleichverteilung sei durch die in Dublin III vorgesehene Möglichkeit, sich von Migranten durch Überstellungen in ihr europäisches Ankunftsland zu entlasten, nicht korrigiert worden. Denn das Asylrecht eröffne deutschen Verwaltungsgerichten „erhebliche Bewertungsspielräume“, ob Ankunftsländer wie Ungarn oder Bulgarien eine „grundrechtskonforme Asylpraxis“ anwendeten. Überdies sei das System kraß uneinheitlich. So erkenne Italien 92 Prozent, Griechenland aber nur 2,9 Prozent der irakischen Asylbewerber als schutzberechtigt an. 


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