© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/15 / 11. September 2015

Aufgeschnappt
Freifahrt ohne Wording
Matthias Bäkermann

Vergangenes Wochenende bekamen die Dienstführenden der Deutschen Bahn eine Nachricht von ganz oben. Über die firmeneigene Informationsplattform RIS, mit dem sowohl die Lokführer als auch die Zugbegleiter gewöhnlich über besondere Vorkommnisse im Bahnverkehr informiert werden, wurden geheime Konditionen für alle Fahrten (auch im ICE) mitgeteilt: „Intern. Meldung des Konzernvorstandes: Am heutigen Tag, 05.09.15, bitte keine Fahrkartenkontrollen und Fahrpreisnacherhebungen bei Migranten durchführen.“ Am Sonntag wurden die Zugchefs zudem über eine Ausweitung der unentgeltlichen Beförderung „bis auf weiteres“ für „Dolmetscher, Mitarbeiter DRK und THW sowie freiwillige Helfer, die Sonderzüge mit Flüchtlingen begleitet haben“, informiert.

Ihre Sparpreisaktion im Namen der Willkommenskultur möchte die Bahn AG jedoch lieber nicht an die große Glocke hängen. Insbesondere die Frage, nach welchen Kriterien die Zugbegleiter denn nun „Migranten“ von gewöhnlichen Fahrgästen unterscheiden sollen, wollte die Pressestelle auf JF-Anfrage nicht recht beantworten. Der Konzernvorstand habe für „das konkrete Handling mit Migraten noch nicht das passende Wording“ ersonnen, war die ausweichende Auskunft.