© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/15 / 18. September 2015

„Jeder Mensch ist lebenswert“
Marsch für das Leben: Abtreibungsgegner rufen in Berlin zum Protest auf
Elena Hickman

Sie war noch nicht bereit für ein Kind. Es war unpassend. Sie wurde vergewaltigt. Es gab zu große medizinische Risiken. Nur ein paar der Gründe, weshalb im vergangenen Jahr in Deutschland 99.715 Kinder abgetrieben wurden. Dagegen demonstrieren die Teilnehmer des „Marschs für das Leben“ am Sonnabend in Berlin. „Weil das eigentlich Selbstverständlichste leider noch immer nicht selbstverständlich ist: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben“, sagt der Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht und Organisator des Marschs, Martin Lohmann, der JUNGEN FREIHEIT. Zum 11. Mal soll der Marsch stattfinden, diesmal unter dem Motto „Gemeinsam für das Leben. Immer.“ Denn „jeder Mensch ist liebenswert“, betont Lohmann, „jeder Mensch ist lebenswert“.

Der Berliner Dom
bleibt verschlossen


Es gebe kein gutes Töten, unterstreicht der Vorsitzende, dem es am liebsten wäre, wenn der Friedensmarsch für das Leben gar nicht mehr nötig wäre – sei er aber. „Menschen, die schon da sind, die also existieren, auch ganz kleine, noch nicht geborene Menschen, brauchen und verdienen Schutz“, sagt Lohmann und bedauert: „Aber an dieser Erkenntnis müssen wir noch etwas arbeiten.“
Dafür setzt sich auch Papst Franziskus ein. In einem Gespräch mit Lohmann und weiteren Vertretern von Lebensschutzinitiativen würdigte das katholische Oberhaupt ihr Engagement: „Es ist sehr, sehr wichtig, was ihr da macht!“ Der Papst ließ alle Teilnehmer des Marsches herzlich von ihm grüßen und wünschte der Veranstaltung Gottes Segen. Auch die Vorsitzende des Vereins „Aktion Lebensrecht für Alle“, Claudia Kaminski, nahm am Treffen mit mit dem Pontifex teil. Eine Unterstützung wie von der katholischen Kirche würde sie sich auch von der evangelischen wünschen: „Wir könnten viel mehr erreichen, wenn wir an einem Strang ziehen würden“, sagte sie der JF. Bereits 2013 hatte das Domkirchenkollegium entschieden, den ökumenischen Abschlußgottesdienst des Marsches nicht im evangelischen Berliner Dom stattfinden zu lassen. Kaminski hofft, daß die Veranstaltung am Samstag dazu beiträgt, „daß wir möglichst viel Unterstützung von der Politik und den Kirchen bekommen“.
 Das wünscht sich auch Hedwig von Beverfoerde, Sprecherin der Initiative Familienschutz und seit vielen Jahren Teilnehmerin am Marsch. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Politik solle geweckt werden, sagte sie der JUNGEN FREIHEIT. Sie gehe bei dem Marsch mit, „um gemeinsam mit Tausenden Mitmenschen zu zeigen, daß menschliches Leben unschätzbar wertvoll ist“. Und um öffentlich zu zeigen, daß dieses Thema „den Menschen bundesweit ein Anliegen ist“. Tatsächlich zeigt sich das auch an den jährlich steigenden Teilnehmerzahlen. Rund 5.000 Menschen gingen im vergangenen Jahr für das Lebensrecht Ungeborener auf die Straße – ein neuer Rekord. Auch Kaminski betonte, für die Teilnehmer sei es „ermutigend zu sehen, daß es eine große Bewegung ist, die weiter wächst“.

Linkspartei ruft
zur Blockade auf


Jedoch treffen sich am Samstag nicht nur Befürworter des Friedensmarsches. Die Linkspartei hat dazu aufgerufen, den Marsch zu blockieren. Die Mitvorsitzende der Partei, Katja Kipping, hatte im Juli aufgefordert, „sich den Protesten gegen Neokonservative und christliche Fundamentalistinnen und Fundamentalisten anzuschließen und am 19. September für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auf die Straße zu gehen“. Bereits im vergangenen Jahr mußte die Polizei die Teilnehmer des Marsches vor linksradikalen Angriffen schützen.
Für Lohmann ist ein solches Verhalten unverständlich: „Es ist schon beschämend und erschreckend, daß manche in der Linkspartei offenbar panische Angst vor Verantwortung, Toleranz und Fairneß haben.“ Auch Beverfoerde war am Anfang geschockt vom Verhalten der Gegendemonstranten. Mittlerweile kann sie nur noch darüber lächeln. Es sei „auch schon ein Armutszeugnis“, sagte Beverfoerde, denn teilweise würden die Gegner menschenverachtende Dinge rufen. „Da ist keine Diskussion möglich“, bedauerte sie. „Kritik sähe anders aus“, sagte auch Lohmann. Im Unterschied zu anderen würden sie niemanden verurteilen oder diskriminieren und seien offen für Gespräche.

Bild: Anti-Abtreibungs-Demonstration in Berlin (2013): Mit dem Segen von Papst Franziskus
Termin: Der mittlerweile 11. Berliner „Marsch für das Leben“ beginnt am Samstag um 13 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt. Den Abschluß bildet ein ökumenischer Gottesdienst.

 www.marsch-fuer-das-leben.de