© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/15 / 16. Oktober 2015

Frisch gepresst

Hinrichtungen. Spätestens durch die kalkuliert Schrecken verbreitenden Youtube-Filmchen der islamischen Terrormiliz IS sind die Anblicke von geköpften, ertränkten oder verbrannten Todeskandidaten wieder in den Alltag gerückt. Die früher vielen nur in moderigen Folterkellern musealer Gemäuer mit Schaudern offenbarte Ernüchterung, daß der Mensch des Menschen Wolf und keine Idee zu pervers ist, wie „Verbrecher, Opfer, Heilige“ ins Jenseits befördert werden können, hat wieder unheimliche Konjunktur. Damit kommt die profund recherchierte „Geschichte der Tötens“ des Saarbrücker Mediävisten Peter Schuster gerade recht, in der er die „Todesstrafe als gewichtigen Faktor der Gewaltausübung in der vormodernen Gesellschaft“ darstellt. Natürlich räumt auch Schuster mit landläufigen Vorurteilen auf, die die „peinliche Befragung“ oder das Vierteilen, Rädern und Verbrennen als Phänomen des „finsteren Mittelalters“ verorten. Richtig in Fahrt kam das Hinrichtungswesen erst mit Beginn der Frühen Neuzeit, wo in vielen deutschen und europäischen Städten die Zahl politisch sanktionierter Morde gewöhnliche kriminelle Todesfälle quantitativ um ein Vielfaches überragte. (bä)

Peter Schuster: Verbrecher, Opfer, Heilige. Eine Geschichte des Tötens.Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2015, gebunden, 416 Seiten, Abbildungen, 26,95 Euro




Machtgefälle. Der amerikanischen Feministin und Schriftstellerin Rebecca Solnit passiert es leider immer wieder: „Männer erklären mir die Welt, (...) ob sie nun wissen, wovon sie reden, oder nicht.“ Was manche als schlicht unhöflich bezeichnen würden, sieht Solnit als das „schmale Ende des Keils, der Männern mehr Raum eröffnet und ihn Frauen verschließt“. Dabei schreibt die 54jährige nicht von irgendwelchen abstrusen gläsernen Decken oder lächerlichen Frauenquoten. Solnits Essaysammlung ist ein erfrischendes Gegenstück zu emotional hysterischen #aufschrei-Debatten. Mit Statistiken und Beispielen zeigt sie auf, wie sich männliche Dominanz über mangelhaftes Diskursverhalten bis in seiner extremsten Form in Gewaltverbrechen ausdrückt. Ihr Buch ist damit kein weiterer Beitrag von Frauen über Frauen – es ist ein Aufruf an Männer, ihr Selbstverständnis von männlicher Dominanz zu überdenken. Bis auch der letzte versteht, daß er kein Recht hat, über eine Frau zu bestimmen – über ihre Worte oder ihren Körper. (eh)

Rebecca Solnit: Wenn Männer mir die Welt erklären. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2015, gebunden, 176 Seiten, 16 Euro