© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/15 / 23. Oktober 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Die Bundeswehr feiert
Marcus Schmidt

Die Bundeswehr feiert in diesem Jahr ihren 60. Geburtstag. Davon ist bislang in der Öffentlichkeit kaum etwas zu bemerken. Das mag am grundsätzlich schwierigen Verhältnis der Deutschen zu ihrer Armee liegen, oder aber daran, daß die letzten Bindungen zwischen dem Volk und der Bundeswehr durch die Aussetzung der Wehrpflicht mittlerweile abgerissen sind.

Doch das soll sich nun ändern: Am 11. November zum Einbruch der Dunkelheit, und damit am Vorabend des eigentlichen Gründungstages am 12. November 1955, soll der Geburtstag der Parlamentsarmee stilecht mit einem Großen Zapfenstreich vor dem Reichstag in Berlin begangen werden. Das Verteidigungsministerium hat 3.000 Gäste geladen, die die militärische Zeremonie auf dem Rasen vor dem Parlamentsgebäude verfolgen werden, darunter Vertreter von Bundesregierung und Bundestag. Zudem wird der Zapfenstreich live im Fernsehen übertragen.

Doch die Bundesrepublik wäre nicht die Bundesrepublik, würde sich nicht bereits Protest gegen die Feier regen. In einer kleinen Anfrage versuchte die Linksfraktion, Näheres über den „Aufmarsch bewaffneter Soldaten vor dem Reichstagsgebäude“ in Erfahrung zu bringen. Dabei spielt die Linkspartei routiniert auf der Klaviatur des bundesrepublikanischen Antimilitarismus.„Bewaffnetes Militär im Inland vor dem 

Parlamentsgebäude aufmarschieren zu lassen, zeugt aus ihrer Sicht weniger vom Charakter einer Parlamentsarmee, sondern von militaristischem Geist, der der Gesellschaft gerne seinen Stempel aufdrücken möchte“, warnen die Parlamentarier unter anderem.

An anderer Stelle erweisen sich die Abgeordneten der Linksfraktion dann überraschenderweise als Liebhaber historischer Waffen. „Wird bei der Durchführung des Großen Zapfenstreichs wieder der Wehrmachtskarabiner 98k verwendet?“ lautet eine Frage, die vom Verteidigungsministerium lakonisch mit der Bemerkung beantwortet wird, das für den Zapfenstreich zuständige Wachbataillion sei mit dem „Karabiner 98k“ ausgerüstet.

Doch bei der Anfrage der Linkspartei handelt es sich, um im militärischen Sprachgebrauch zu bleiben, lediglich um die Vorhut. Denn die eigentlichen „Kampftruppen“, denen mit der Anfrage die passenden Stichworte und Informationen für Störaktionen geliefert werden, stehen längst schon bereit. Ein linksextremistisches Bündnis mobilisiert im Internet bereits für den 11. November zu einer „Antimilitaristischen Demo“ in Berlin, die nach dem Willen der Organisatoren bis in die Nähe des Reichstages ziehen soll. „Die Bundeswehr steht für Mili­tarisierung, Krieg und Besatzung. Sie verkörpert autoritäres Denken und patriarchale Strukturen“, heißt es in dem Demonstrationsaufruf mehrerer linker und linksextremistischer Gruppen. Ziel dieses Bündnisses sei die Abschaffung der Bundeswehr und eine Welt ohne Krieg und Kapitalismus. „Protestieren wir gegen die Bundeswehr und ihre preußisch-militaristische Geburtstagsparty!“