© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/15 / 23. Oktober 2015

bild.de rüstet auf gegen Gratissurfer
Was „Bild“ mit Adblocker gemacht hat, ist nur der erste Schritt im Kampf um neue Geschäftsmodelle im Internet
Ronald Gläser

Mit dem Werbeblocker-Verbot hat die Online-Redaktion der Bild einen neuen Coup gelandet. Seit vergangener Woche müssen sich bild.de-Leser zwischen ihrem Werbeblocker und der Bild-Lektüre entscheiden.

Früher blätterten viele Leser über lästige Anzeigen einfach hinweg, viele entwickelten gar einen Blick dafür, mit dem sie ausblendeten. Doch im Netz nützen solche Fähigkeiten nichts mehr. Ständig denken sich die Seitenbetreiber neue Tricks aus, um die Aufmerksamkeit der Leser auf die Anzeigen zu lenken. Besonders wirksam sind Seiten, die sich über die angesteuerte Netzseite legen. 

Der Nutzer verplempert dann seine Zeit damit, nach einem Ausschalter zu suchen. Praktischer ist ein Werbeblocker (auch Adblocker). Mehr als 40 Prozent der deutschen Internetnutzer verwenden ein solches Programm. Unter den 19- bis 29jährigen sind es laut Branchendienst Kress sogar 59 Prozent. Nun hat Bild aufgerüstet: Wer Adblocker installiert hat und auf bild.de geht, sieht nur noch eine Seite, die ihn auffordert, drei Euro Abogebühr pro Monat zu zahlen oder den Adblocker auszuschalten – und zwar nicht nur für den Besuch bei Axel-Springer-Webseiten, sondern für alle Seiten.

„Guter Journalismus ist teuer“, begründete Bild-Onlinechef Julian Reichelt die bislang einzigartige Maßnahme. Der Spiegel zum Beispiel bittet lediglich seit 2013 darum, den Adblocker abzuschalten. Bild war zuvor auch mit dem Premiumdienst „Bild plus“ vorgeprescht, der sich zu rechnen scheint. 

Trotzdem ist noch nicht sicher, ob sich das Adblocker-Verbot für Bild auszahlt. Zunächst vermeldeten kostenfreie, spendenbasierte Adblockerfirmen riesige Spendeneingänge. Zugleich erntete Bild den Spott vieler Internetnutzer. „Mit Adblocker auch gleich Bild blocken, ist doch toll“, twitterte einer von ihnen. Julian Reichelt jedoch versicherte, daß die Einführung des Verbots keinen Rückgang an Besucherzahlen bewirkt habe. Wer kostenfrei Inhalte lesen möchte, ist offenbar oft auch bereit, die zur Finanzierung notwendige Werbung zu akzeptieren.