© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/15 / 23. Oktober 2015

Auf Genschers Spuren: Sigmar Gabriels Teheraner Sondierungen
Primär Außenhandelspolitik
(gz)

Hans-Dietrich Genscher reiste 1984, fünf Jahre nach der Etablierung der „Islamischen Republik“, als erster Minister eines westlichen Landes nach Teheran, um bundesdeutsche Industrieinteressen durchzusetzen. Wenn heute Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, kaum daß die Tinte unter dem Atomabkommen mit dem Iran getrocknet ist, als erster zu den Ajatollas eile, dann steht diese Reise für Jörn Schulz, Auslandsredakteur der linksradikalen Jungle World, in der Kontinuität einer Außenpolitik, die sich primär als Außenhandelspolitik verstehe (Informationszentrum Dritte Welt, 5/2015). Denn trotz der jetzt aufgehobenen Sanktionen sei das deutsch-iranische Handelsvolumen von 2013 bis 2014 um etwa 27 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro gesteigert worden. Aber dessen Potential sei weit höher, Gabriels Ministerium taxiere den Investitionsbedarf des Iran auf 100 Milliarden Euro. Um deutschen Unternehmen daran einen Anteil zu sichern, würden wie zu Genschers Zeiten moralische Prinzipien geopfert. So habe Gabriel vor der hochgradig ideologisch determinierten iranischen Außenpolitik kapituliert, da das Teheraner Regime weder bereit sei, in Sachen Menschenrechte Zugeständnisse zu machen oder das Existenzrecht Israels anzuerkennen, noch seine Interventionen in Syrien, im Irak und Jemen, für die es technologische Ressourcen des Westens erschließe, droßle oder gar einstelle. 


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