© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/15 / 30. Oktober 2015

Miriam Shaded gilt als „schönes Gesicht der Xenophobie“ und hilft syrischen Flüchtlingen
Die Heilige
Paul Leonhard

Für Miriam Shaded hat der Dritte Weltkrieg längst begonnen. Ausgebrochen im Nahen Osten, breiten sich in ihren Augen die bewaffneten Konflikte allmählich auch in Richtung Europa aus. Für die Unternehmerin ist es ein „Zivilisationskrieg zwischen der muslimischen und christlichen Kultur“.

Mit diesem Standpunkt und ihrem beherzten Engagement hat sich die 29jährige mit den kastanienbraunen Haaren inzwischen den Ruf erworben, „Polens schönes Gesicht der Xenophobie“ – also der Fremdenfeindlichkeit – zu sein, die ihre Landsleute nicht nur vor islamistischen Terroristen warnt, sondern sogar vor den Moslems, die vor ihnen fliehen. Shaded trifft die Stimmung vieler Polen, wenn sie öffentlich verständnisvoll sagt: „Die Menschen hier haben Angst vor Muslimen.“ 

Das Pikante am Vorwurf der „Fremdenfeindlichkeit“ ist allerdings, daß Shadeds Vater Araber ist, sie selbst bereits 160 Flüchtlinge aus Syrien nach Polen in Sicherheit gebracht hat und in einem offenen Brief an (die mittlerweile abgewählte) Ministerpräsidentin Ewa Kopacz appelliert, die Übersiedlung weiterer dreihundert syrischer Familien nach Polen zu ermöglichen.

Dabei hatte die junge Miriam lange nichts von der Herkunft ihres Vaters hören wollen. Dieser war in den siebziger Jahren zum Studium nach Krakau gekommen. Er heiratete eine polnische Künstlerin und wurde schließlich Pfarrer der protestantischen „Kirche des guten Hirten“. Miriam, geboren 1986 in Warschau, studierte ebenfalls Theologie, gründete dann aber ihr eigenes IT-Unternehmen. 

Ihr Interesse an Syrien erwachte erst, als ihr Vater 2012 Verwandten einen Urlaub in Warschau spendierte. Nun wurde die junge Frau mit der Situation der Christen im Bürgerkrieg konfrontiert. Als 2014 Gemeindemitglieder anriefen und flehten, bei der Rettung von 1.500 Christen, die vom IS bedroht wurden, zu helfen, veränderte das Miriams Leben. Im Wettlauf mit den vorrückenden Terroristen schaffte sie es, Sponsoren und politische Fürsprecher zu finden. Sie gründete eine Stiftung und forderte, teils unter Tränen, von staatlichen Stellen Unterstützung bei der Beschaffung der Visa.

Für ihr Engagement wird Shaded von den einen geradezu als eine Heilige verehrt, für die anderen ist sie „Frau Problem“. Der Vorwurf: Sie unterscheide zwischen guten und bösen Flüchtlingen. Tatsächlich macht sie kein Hehl aus ihrer Absicht, nur Christen nach Polen zu holen, denn, so meint Shaded: „Muslime haben keinen Grund, nach Europa zu fliehen.“ Als redegewandte, exotisch-schöne Aktivistin hat es Shaded bis ins polnische Fernsehen geschafft. Und während Premierministerin Kopacz, internationalem Druck nachgebend, versicherte, daß in Polen selbstverständlich auch moslemische Flüchtlinge willkommen seien, warnt Shaded unbeirrt davor, auch jenen Zuflucht zu bieten, die, wie sie sagt, „Europa für den Islam in Besitz“ nehmen wollen.