© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/15 / 06. November 2015

Absolute Mehrheit für islamisch-konservative AKP
Türken wählen Stabilität
Marc Zoellner

Recep Tayyip Erdogan kann aufatmen: Einer Alleinregierung seiner AKP steht nach dem grandiosen Wahlsieg vom vergangenen Sonntag kaum noch etwas im Weg. Sowohl sein rigoroses Vorgehen gegen die separatistische PKK als auch seine innen- wie außenpolitische Offensive gegen die Terrorstrukturen des Islamischen Staats trieben seiner Partei nicht nur nationalistische Wähler, sondern sogar Teile der kurdischen Bevölkerung gleich scharenweise in die Arme. Die Türken, das hat diese Wahl bewiesen, sehnen sich vielleicht nicht nach dem von Erdogan präferierten Präsidialsystem; doch um so mehr nach innerer Sicherheit sowie gesellschaftlicher Stabilität.

Für Europa wiederum ist der Ausgang der Wahl ein Glücksfall, wenn auch ein unwillkommener. Denn die islamisch-konservative AKP ist für das Gros der Beobachter hierzulande beileibe kein Wunschkandidat. Doch als Garantie einer kontinuierlichen, konsequenten Politik – nicht nur bezüglich der militärischen Eindämmung von IS und PKK, sondern ebenso im Hinblick auf die damit verbundenen Flüchtlingsbewegungen – bedarf es einer selbstbewußten, unabhängig agierenden Regierung in Ankara. Daß die Türken der Erdogan-Partei einmal mehr ihr Vertrauen schenkten, der Lage im Nahen Osten Herr zu werden, sollte auch in Europa vorsichtige Hoffnung wecken, die vielfältigen Konflikte an der Grenze des eigenen Kontinents eines Tages doch lösen zu können.