© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/15 / 06. November 2015

Zitate

„Am Ende haben sich fast immer die Griechen durchgesetzt. Sie haben Reformen angetäuscht, sie nicht umgesetzt, den Schuldenstand weiter nach oben getrieben – und am Ende neue Hilfspakete bekommen.“

Jorgo Chatzimarkakis, ehemaliger FDP-Europaabgeordneter, im Deutschlandfunk am 28. Oktober 2015




„Es gibt in Europa keine Mehrheit für die Idee offener Grenzen. Die meisten Nationen wollen am Prinzip der Souveränität festhalten – in Fragen der kulturellen Identität die einen, in Fragen der Grenzsicherung die anderen. Das Drängen auf europäische ‘Solidarität’ wird von den Angesprochenen als unsolidarisch empfunden. Merkel – so sieht man es außerhalb Deutschlands – hat einen törichten Lockruf in die Welt gesendet und zwingt nun die Partner, ihren Fehler auszubaden. Die Frau, die Politik immer vom Ende her dachte, hat sich dramatisch verkalkuliert. Ihr Rendezvous mit der Weltgeschichte ist ein zeitliches Mißverständnis. Es destabilisiert und polarisiert Deutschland im Inneren und isoliert es in seinen Beziehungen nach außen. Auf dem Höhepunkt ihrer langen, apollinischen Kanzlerschaft hat Angela Merkel Maß und Takt verloren. Auch wer zu früh kommt, kann vom Leben bestraft werden.“

Jochen Buchsteiner, Korrespondent, in der „FAZ“ vom 31. Oktober 2015




„Deutschland bietet mit die höchsten Geld- und Sachleistungen für Asylbewerber in Europa. Da ist Luft nach unten. (...) Das Asylrecht gilt, so zynisch das ist, nur für diejenigen, die es in das Zielland schaffen – es gibt ein Recht auf Asyl, aber kein Recht auf Reise ins Asyl.“

Daniel Thym, Professor für Europa- und Völkerrecht, im „Spiegel“ vom 31. Oktober 2015




„Die vergangenen sechs Wochen haben nicht nur Europa verändert, sie haben auch die Kräfteverhältnisse in Europa verändert. Aus der ‘mächtigsten Frau der Welt’ wurde über Nacht eine internationale Bittstellerin. Während die Kanzlerin ihrem Land business as usual vorspielt (...), ist in den Augen der meisten europäischen Staatschefs der Lack bei ihr ab. Sie können und wollen nicht hinnehmen, wie Merkel sich verhält. Schon heute steht fest: Am deutschen Wesen wird die Welt einmal mehr nicht genesen. (..) Was Frau Merkel früher so perfekt gelang: die Abwesenheit von Politik als Politik zu verkaufen und dadurch die Republik zu entpolitisieren – jetzt funktioniert diese Masche nicht mehr. Deutschland ist quasi über Nacht hoch politisiert.“

Hans-Hermann Tiedje, ehemaliger „Bild“-Chefredakteur, in der „NZZ“ vom 2. November 2015




„Die Existenz der DDR stand schon lange auf tönernen Füßen, nur wollte es niemand wahrhaben. Es brauchte nur einen Windhauch (und, natürlich, Gorbatschow), um das Kartenhaus zum Einsturz zu bringen. Nichts, könnte man daraus schließen, ist für die Ewigkeit. Manches sieht noch ganz stabil aus, was innen bereits verrottet. Wer sich geirrt hat, weiß man erst im nachhinein.“

Cora Stephan, Autorin, in ihrer Online-Kolumne der „Wirtschaftswoche“ am 3. November 2015