© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/15 / 06. November 2015

Mit Heimatbewußtsein punkten
Kroatien: Nach skandalträchtigen Jahren zeigt sich die konservative HDZ optimistisch, die Parlamentswahlen zu gewinnen
Carl Gustaf Ströhm

Die Parlamentswahlen in Kroatien am 8. November könnte die innenpolitische Landkarte des jüngsten Mitgliedes in der Europäischen Union erneut verändern. Zum einen zeigt sich, daß der Zweckoptimismus der seit 2011 regierenden linksliberalen „Kukuriku“- Koaliton, die von den Sozialisten (SDP) unter Premierminister Zoran Milanovic angeführt wird, mittlerweile deutlich bei der Bevölkerung an Boden verliert. Zum anderen erhält die seit den Parlamentswahlen im Dezember 2011 in Opposition agierende konservative HDZ (Kroatische Demokratische Union) unter ihrem Spitzenkandidaten Tomislav Karamarko wieder Rückenwind. Laut Umfragen büßte die linksliberale Koalition, die 2011 auf 42 Prozent kam, erheblich an Zustimmung ein und liegt nun bei rund 25 Prozent. Ebensoviel bringt die HDZ auf die Waagschale. 

Oppositionschef Karamarko zeigt sich deshalb auch optimistisch, an die Erfolge der vergangenen Monate anknüpfen zu können. Denn die HDZ mitsamt ihrer konservativen „Patriotischen Koalition“ aus mehreren Parteien besiegte die regierende „Kukuriku“-Koalition nicht nur bei den beiden EU-Wahlen 2013 und 2014 – Kroatien war am 1. Juli 2013 der Europäischen Union beigetreten und wählte deshalb zweimal. Auch die Präsidentschaftswahl hatte die HDZ-Kandidatin Kolinda Grabar-Kitarovic Anfang Januar gegen den favorisierten sozialdemokratischen Amtsinhaber Ivo Josipovic für sich entschieden.

Grabar-Kitarovic war nun auch verantwortlich dafür, den Wahltermin vorzuverlegen. Sie appellierte insbesondere an junge Wähler und bisherige Nichtwähler, sich an dem Votum zu beteiligen. Die geringe Wahlbeteiligung von nur 46 Prozent beim Wahlgang 2011 gab den Parteien zu denken. Zwar siegten die Linksliberalen unter anderem aufgrund der Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Premier Ivo Sanader – der HDZ-Politiker wurde dann auch wegen Korruption während seiner Regierungszeit im November 2012 zu zehn Jahren Haft verurteilt – doch auch Milanovics Bündnis kam nicht ohne Blessuren davon. Seit dem Amtsantritt seiner Regierung gab es neun Rücktritte von Ministern, sechs davon aus seiner Partei SDP.

Zudem brachte der Beitritt zur EU im Sommer 2013 nicht den erwünschten wirtschaftlichen Aufschwung. Im Gegenteil, das Land leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit – mit einer Quote von 15,4 Prozent wird Kroatien nur von Spanien (21,6 Prozent) und Griechenland (25,0 Prozent) übertroffen – und vor allem durch die Abwanderung zumeist junger Kroaten in westliche EU-Länder. 

„Genug ist genug“, erklärt deshalb Karamarko und propagiert seine „heimatbewußte Koalition“, die sich wieder mehr auf kroatische Interessen fokussieren will.