© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/15 / 13. November 2015

Grüße aus Bozen
Regent gesucht
Hans Gernheim

Francesco Palermo beherrscht den Südtiroler Blätterwald. Der umstrittene italienische Senator, Jurist und Universitätsprofessor aus Verona und Liebkind der Südtiroler Linken, war so ungeschickt, in einer öffentlichen Rede den Minderheitenschutz generell in Frage zu stellen. Nicht, daß dies etwas Neues wäre, aber die Unverfrorenheit, mit der Palermo die Grundlage der auch von ihm hochgelobten Autonomie rhetorisch zerriß, führte zu einem Aufschrei bei vielen Südtirolern. Allerdings ist Palermo wohl nur ein Symptom, denn politisch läuft es in Südtirol, vor allem in Bozen, alles andere als rund. 

Aus den Gemeinderatswahlen im Mai ging zwar der Kandidat des Mitte-links-Bündnisses Luigi Spagnolli dank der Unterstützung der Südtiroler Volkspartei (SVP) als Sieger hervor. Doch ein bizarres Wahlrecht spülte nicht weniger als 18 Parteien in den Bozner Gemeinderat, die dem direkt gewählten Bürgermeister das Leben schwermachten. Größter Zankapfel blieb wie schon im Wahlkampf das Kaufhausprojekt des Nordtiroler Investors René Benko. Dieser will in Bahnhofsnähe einen Konsumtempel errichten, der den alteingesessenen Kaufleuten der Altstadt von Anfang an ein Dorn im Auge ist.

Während Durnwalder sich bedeckt hält, kickte sich Francesco Palermo ins Abseits.

Die Auseinandersetzungen um dieses Projekt prägten Wahlkampf und Regierungsbildung und ließen schließlich Spagnollis Regierungsmehrheit platzen. Spagnolli erklärte am 24. September entnervt seinen Rücktritt, nicht ohne vorher als letzte Amtshandlung dem vom Gemeinderat bereits abgelehnten Benko-Projekt erneut eine Chance zu geben. Seit einem Monat leitet Bozen ein von Rom eingesetzter kommissarischer Verwalter. 

Wer bei der Wahl im Mai 2016 als Bürgermeisterkandidat antritt ist noch nicht abzusehen, aber die Lust auf das Amt scheint sich in Grenzen zu halten. Bozen gilt mit seiner italienischen Bevölkerungsmehrheit als beinahe unregierbar. Ein Name fällt nun  immer öfter: Luis Durnwalder (SVP). Ihm, der von 1989 bis 2014 Südtirol regierte, und ob seines patriarchalischen Regierungsstils gleichermaßen geliebt wie umstritten war, trauen sogar die Italiener zu, die Stadt wieder regierbar zu machen. Durnwalder selbst, der gerade von einer Studienreise zur burischen Minderheit in Südafrika zurückkehrte, gibt sich zurückhaltend. Doch dem alten Fuchs ist zuzutrauen, daß er sich noch einmal in die politische Arena wagt. Der ebenso ins Spiel gebrachte Francesco Palermo kickte sich selbst ins Abseits.