© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/15 / 27. November 2015

Werte der Republik mit allen Mitteln schützen
Frankreich: Die Regierung Hollande führt den Krieg gegen den Islamischen Staat auf allen Ebenen / Drohung mit Grenzkontrollen
Friedrich-Thorsten Müller

Präsident François Hollande macht keinen Hehl daraus: nach den Anschlägen von Paris befindet sich Frankreich im Krieg mit dem Islamischen Staat. Seit Montag fliegen französische Jagdbomber, mit dank des französischen Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“ auf das Dreifache verstärkter Schlagkraft, Angriffe auf Ziele im Irak und in Syrien. 

Allerdings ist sich Frankreich bewußt, daß ein Sieg nur durch den Einsatz von Bodentruppen erreicht werden kann. Hollande trifft dazu in diesen Tagen US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel und den russischen Staatschef Wladimir Putin. Es gilt im Moment aber als eher unwahrscheinlich, daß es den Franzosen dabei gelingt, eine Allianz für einen Bodenkrieg zu schmieden. Ohne Unterstützung der Großmächte oder der Nato-Partner ist es für Frankreich mit seiner auf 215.000 Soldaten geschrumpften Armee kaum möglich, in einen umfassenden Krieg mit dem IS zu treten. 

Finanzierung möglicher Gefährder trockenlegen

Immerhin kommen auch aus dem Iran und von Syriens Machthaber Baschar al-Assad Signale zur Kooperation mit den Franzosen. In einem Telefonat mit Hollande erklärte der iranische Präsident Hassan Rohani, bereit zu sein „für eine Zusammenarbeit in Sachen Sicherheit und Feindaufklärung, um den Terrorismus zu bekämpfen“. Beide Präsidenten stimmten in dem Telefonat darin überein, wie wichtig die Wiener Friedensgespräche für die Lösung des Konflikts in Syrien seien. Assad dagegen machte in einer Erklärung die Zusammenarbeit mit Frankreich davon abhängig, daß dessen Regierung Wahlen als einzigen Weg zur Beendigung seiner Herrschaft anerkenne.

Indes laufen in Frankreich die Maßnahmen zum Schutz vor neuen Anschlägen auf Hochtouren. Zwar ist die heiße Phase der Verfolgung der Paris-Attentäter fünf Tage nach den Anschlägen mit der Erstürmung eines Hauses in Saint-Denis beendet worden, wobei zwei Islamisten getötet wurden, darunter der mutmaßliche Drahtzieher Abdelhamid Abaaoud. Trotzdem ist davon auszugehen, daß noch weitere Terrorzellen in Frankreich oder Belgien auf ihren Einsatzbefehl warten oder neu einreisen wollen. 

Von dem auf drei Monate verlängerten Ausnahmezustand erhoffen sich die Sicherheitskräfte einen besseren Zugriff auf Gefährder. So sind bis auf weiteres Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluß, Ausgangssperren oder Schließungen öffentlicher Einrichtungen möglich. Allein am vergangenen Montag wurden bei 150 Durchsuchungen im islamistischen Milieu in Lyon, Toulouse und Grenoble mehrere Verdächtige festgenommen. 

Nach Einschätzung von Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve sind dank des Ausnahmezustands nun auch leichtere Abschiebungen derjenigen möglich, „die in Frankreich Haß predigen, unter Terrorverdacht stehen oder an Terrorakten beteiligt waren“. Wie Premier Manuel Valls darüber hinaus im Radiosender RTL mitteilte, sollen „Moscheen und Vereine schließen, die die Werte der Republik angreifen“.

Außerdem stellte Valls in einem Gespräch mit dem Sender France 2 offen die europäische Freizügigkeit in Form des Schengensystems in Frage. Unter dem Eindruck, daß sich die Paris-Attentäter zumindest zum Teil für ihre Einreise nach Europa in den Asyleinwanderer-Strömen verstecken konnten, forderte er die Wiederherstellung der Kontrolle über die EU-Außengrenzen. Andernfalls drohte er mit der dauerhaften Wiedereinführung von Grenzkontrollen. 

Eine weitere Front des „Kampfes gegen den Terror“ stellt das Thema Kontrolle der Finanzierung möglicher Gefährder dar. Finanzminister Michel Sapin ermahnte die EU-Partner, die beschlossenen Anti-Geldwäscheregeln rascher umzusetzen. Frankreich habe viele Sympathieerklärungen aus dem Ausland erhalten, „nun müssen Taten folgen“, so der Finanzminister. Insbesondere anonyme Prepaid Bankkarten und große Bargeldbeträge sind dem Finanzministerium in diesem Zusammenhang ein Dorn im Auge. So sollen Bargeldbeträge über 10.000 Euro beim Grenzübertritt erklärungspflichtig werden, und Geschäfte in Frankreich müssen künftig von Nicht-Inländern verlangen, sich bei Transaktionen ab dieser Größenordnung auszuweisen.

Foto: Frankreichs Flugzeugträger „Charles de Gaulle“: Seit Dienstag fliegen dessen Kampfjets vom Mittelmmer aus Angriffe auf IS-Stellungen