© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/15 / 27. November 2015

Frisch gepresst

Nationalstaat. Die westeuropäischen Nationalstaaten, nach 1945 perfektionierte liberale Sozial- und Rechtsstaaten, die der Masse ihrer Bürger eine humane, relativ selbstbestimmte Existenz, „gelingendes Leben“ (SPD-Wahlparole), ermöglichten, stellen Gipfelleistungen menschlicher Zivilisationsgeschichte dar. Die Übernahme dieses Erfolgsmodells durch die Staaten des einstigen „Ostblocks“ stand daher keine Sekunde in Frage. Und doch sei 1990, mit dem Startschuß zur Wiedervereinigung des alten Kontinents, zugleich die „Denationalisierung“ des „Europas der Vaterländer“ eingeleitet worden, wie der Jurist Werner Mäder in einem schmalen, aber inhaltsreichen Bändchen über die Zerstörung des Nationalstaats beklagt. Unter Führung der Funktionseliten in Brüssel, Paris und Berlin vollziehe sich seit 25 Jahren im Zeichen des „Multikulturalismus“ ein einzigartiger, demokratisch nie zur Wahl gestellter Bevölkerungsaustausch – hinter dem „humanitär“ kaschierten Umbau Europas zum „Flüchtlingskontinent“. Der Import „bildungsferner Unterschichten“, vornehmlich islamischer Prägung, verändere die europäische Gesellschaftsordnung derart zur Unkenntlichkeit, daß nicht nur „das Deutschland, das wir kennen“, sondern das gesamte westliche Europa von Norwegen bis Italien „vergehen wird“, wie der im Sinne Mäders argumentierende Jochen Buchsteiner unlängst (31. Oktober) in der FAZ prophezeite. (ob)

Werner Mäder: Die Zerstörung des Nationalstaates aus dem Geiste des Multikulturalismus. Ares Verlag, Graz 2015, broschiert, 80 Seiten, 9,95 Euro





Bahr. Innerhalb weniger Monate hat die SPD mit Egon Bahr und Helmut Schmidt gleich zwei altersweise Schwergewichte verloren, die glaubwürdig ihre Pose des politischen Welterklärers vertraten. Mehr noch als der Ex-Kanzler, den es stets lieber in die Hamburger Buceriusstraße als ins Berliner Willy-Brandt-Haus zog, blieb der im August verstorbene „Architekt der Ostpolitik“ in seiner Partei eine graue Eminenz. Dafür sprach auch, daß Bahr sich der Schärfung eines deutschlandpolitischen Profils seiner Genossen immer stärker verpflichtet sah. Der aus mehreren Jahrzehnten seine Aufsätze versammelnde Band wurde 2012 zum 90. Geburtstag von Bahr herausgegeben und nun von Dietlind Klemm „in Dankbarkeit gewidmet“ und ergänzt durch ein Gespräch Bahrs mit Hans Modrow neu herausgegeben. (bä)

Dietlind Klemm (Hrsg.): Egon Bahr. Ostwärts und nichts vergessen. Politik zwischen Krieg und Verständigung. Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2015, broschiert, 271 Seiten, 14,99 Euro