© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/15 / 04. Dezember 2015

Grüße aus Rom
Festung Vatikan
Paola Bernardi

Das Gewehr griffbereit stehen zwei Soldaten an der U-Bahnstation am Kolosseum in Rom. Aufmerksam schauen sie auf die Ankommenden und Abfahrenden. Tag und Nacht werden alle U-Bahn-Stationen streng bewacht. Auf den festlich beleuchteten Straßen und Plätzen kontrollieren Polizisten und Carabinieri.

 Über Rom wurde bereits eine Flugverbotszone ausgerufen. Auch rund um Sankt Peter im Vatikan herrschen strengste Sicherheitsvorkehrungen. Jeder Besucher, ob Gläubiger oder Tourist, wird beim Einlaß auf dem Petersplatz durch die Vatikanpolizei mit einem Metalldetektor abgetastet. Viele Römer haben plötzlich dieses Déjà-vu-Erlebnis, fühlen sich zurückversetzt in jene siebziger Jahre, als die Roten Brigaden Italien terrorisierten.

Unter diesen Bedingungen wird  Papst Franziskus am 8. Dezember im Petersdom die „heilige Pforte“ öffnen und das außerordentliche „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ einläuten. Gleiches geschieht in der Lateranbasilika, in Santa Maria Maggiore und in Sankt Paul vor den Mauern. Auch dort werden die Pforten geöffnet, damit den Gläubigen beim Durchschreiten „Schuld und Sühne erlassen wird“, wie es seit Jahrhunderten üblich ist.

Nun sind selbst die kleinen Kneipen im Borgo Pio rund um den Vatikan fast menschenleer.

30 Millionen Pilger werden in Rom erwartet, ausgerechnet jetzt, da Europa unter den Attentaten des IS ächzt. Die 2.000 italienischen Sicherheitskräfte, die für die Ewige Stadt aufgeboten wurden, rotieren, denn das FBI bestätigte erneut, daß der Vatikan fest im Visier der Islamisten sei. Trotzdem warnte Papst Franziskus davor, Kirchentüren zu panzern. Tore der Barmherzigkeit müßten stets offen sein. Gotteshäuser gehörten dem Herrn, sagte er. Aber die irdischen Türen in der Ewigen Stadt sind mehr als abgeschirmt. Erzbischof Rino Fisichella, der das heilige Jahr organisiert, sekundierte: „Wir gehen trotz allem voran.“

Dennoch – rund um den Vatikan verschwanden bereits alle Parkplätze. Jetzt, in der warmen Dezembersonne, sind viele Tische draußen in der Via della Conciliazione, die zu Sankt Peter führt, unbesetzt und die kleinen Kneipen im Borgo Pio rund um den Vatikan beinahe leer. „Wir können nur noch beten“, so der Wirt Luigi.

Nie war die Lage für ein solches Großereignis ungünstiger. Rom steht unter Kuratel eines Stadtkommissars, nachdem der bisherige Bürgermeister zwangsentmachtet und die Stadtverwaltung aufgelöst wurde. Der Grund: Roms  Verwaltung ist knietief in einem Korruptionsskandal versunken.