© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/15 / 11. Dezember 2015

Dänen wollen Herr im eigenen Haus bleiben
Dänemark: Rechtsliberale und Sozialisten erleiden mit dem Referendum zur Abschaffung des EU-Rechtsvorbehalts Schiffbruch
Curd-Torsten Weick

Während bei der Dänischen Volkspartei (DF) Jubel ausbrach und die Sektkoreken knallten, bewies Premier Lars Løkke Rasmussen Realitätssin. „Wenn man eine Frage zur Volksabstimmung bringt, muß man die Antwort ertragen.“ 

Kurz zuvor hatten die Dänen per Volkabstimmung mit 53,1 zu 46,9 Prozent – bei einer rekordverdächtigen Wahlbeteiligung von 72 Prozent – gegen die Abschaffung des dänischen Rechtsvorbehalts gegenüber der EU votiert. Eine schallende Ohrfeige nicht nur für Rasmussens rechtsliberale Regierungspartei (Venstre), sondern auch für Oppositionsführerin Mette Frederiksen (Sozialdemokraten), die Alternativen (Grüne), Konservative Volkspartei, die sozialliberale Radikale Venstre und die Sozialistische Volkspartei, die für ein Ja warben. Außenminister Kristian Jensen (Venstre) bezeichnete das Referendum als Schlüssel zur Europäischen Zusammenarbeit in Rechtsfragen, an deren Gestaltung Dänemark teilnehmen sollte. 

Zu entscheiden hatten die Dänen  über zweiundzwanzig EU-Reglementierungen. Dabei ging es nicht nur um die Zusammenarbeit mit Europol in den Bereichen Menschenhandel, Kinderpornographie oder Geldfälschung, sondern um ein schwer durchschaubares Paket ums Sorge- und Erbrecht sowie den Kampf gegen Cyberkriminalität. Wohlwissend  um die Brisanz der Asyl-, Ausländer- und Flüchtlingsfragen wurden diese von der Volksabstimmung ausgenommen.

Dänische Volkspartei nah am Volkswillen 

Doch Rasmussens Taktik, den Fokus im Wahlkampf auf die Zusammenarbeit mit Europol zu lenken, ging nicht auf. Auch wenn Venstre immer wieder versicherte, an der strikten Asylpolitik Dänemarks werde sich nichts ändern,  gestand Rasmussen nach der Wahl ein: „Meine Schlußfolgerung ist, daß das Nein ein Ausdruck starker EU-Skepsis ist.“

Dagegen unterstrich der DF-Vorsitzende Kristian Thulesen Dahl, daß es eben nicht um die Mitgliedschaft Dänemarks in der EU gehe, sondern darum, daß die Wähler eben kein Kerneuropa wollten, in dem sie immer mehr nationale Souveränität abgeben müßten. Ein Ja, so die Dänische Volkspartei weiter, hätte nur mehr Macht an die EU überführt. Doch Dänemark müsse Herr im eigenen Haus bleiben und selbst die eigene Rechts- und Ausländerpolitik bestimmen.