© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/15 / 18. Dezember 2015

Sobald das Geld im Kasten klingt
Asylkrise: Während viele Kommunen unter der Last der ungebremsten Zuwanderung stöhnen, erleben manche Branchen eine Hochkonjunktur
Michael Paulwitz

Was uns die Asylkrise kosten wird, darüber sind Experten noch uneins. Von 21 Milliarden Euro in diesem Jahr geht das Münchner Ifo-Institut aus. Das Mannheimer ZEW prognostiziert 30 Milliarden Euro Mehrausgaben pro Jahr, das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sieht die Kosten bei anhaltendem Zustrom langfristig bei bis zu 55 Milliarden Euro jährlich.

Die Volkswirte der Deutschen Bundesbank sehen die zusätzlichen Staatsausgaben im kommenden Jahr bei 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bundesbankpräsident Weidmann erwartet davon eine „Sonderkonjunktur“; Ökonomen der Deutschen Bank und die Wirtschaftsweisen erwarten ein „Wirtschaftswachstum“ von 0,2 bis 0,25 Prozentpunkten. Einzelne Branchen machen in der Tat derzeit märchenhafte Gewinne, für die allerdings die Allgemeinheit geradestehen muß.

Unterbringung lohnt        sich auch für Privatleute

Die Betreiber und Bereitsteller von Unterkünften sind hier an erster Stelle zu nennen. Zwischen 10.000 und 14.000 Euro jährlich zahlen die Länder als Pauschale zur Deckung der Kosten für einen Asylbewerber. 4.308 Euro pro Person sind für Grundversorgung und Taschengeld reserviert. Bleibt bei einer Million Asylbewerbern ein Kuchen von acht bis zehn Milliarden Euro, dessen Löwenanteil an die Betreuer und Betreiber von Erstaufnahmeeinrichtungen und Asylunterkünften geht.

Komplettanbieter, die den überforderten Kommunen, die mit laufend steigenden, oft kurzfristigen und kaum planbaren Asylbewerber-Zuweisungen zu kämpfen haben, Unterkunft und Verpflegung aus einer Hand anbieten, nehmen Kopfpauschalen von bis zu 40 Euro pro Tag. Marktführer European Homecare (EHC), der nach eigenen Angaben derzeit mit 1.500 Mitarbeitern über 45.000 Immigranten in rund 120 unterschiedlichsten Unterkunftseinrichtungen betreut, verzeichnete schon 2013 ein Umsatzplus von 72 Prozent, einen Gewinnanstieg um 240 Prozent und eine märchenhafte Eigenkapitalrendite von 57,6 Prozent, von der selbst Investmentbanker oft nur träumen können. Für 2014 und das laufende Jahr gibt das Unternehmen erst gar keine Zahlen heraus. Weitere Großverdiener auf dem Markt ist die auf Containerbauten spezialisierte Firma Algeco im badischen Kehl oder die Schweizer ORS AG, die in Österreich bereits Marktführer ist und inzwischen auch in Süddeutschland expandiert.

Das Geschäft mit der Unterbringung lohnt sich auch für Privatleute. Durch die hohe Nachfrage ist der Wohnungsmarkt leergefegt, kommunale Grundstücke und Liegenschaften sind weitgehend ausgeschöpft, Städte, Kreise und Länder müssen daher verstärkt auf private Anmietungen zurückgreifen. Berlin zahlt sogar bis zu 50 Euro pro Kopf und Nacht, andernorts sind die Sätze oft kaum geringer. Die in den Länder- und Kommunalbudgets veranschlagten Unterbringungskosten werden durch steigende Nachfrage und Preise absehbar um ein Vielfaches überschritten.

Landauf, landab wurden und werden schlechtgehende oder leerstehende Landgasthöfe, Hotels, Hostels oder Jugendherbergen in Asylunterkünfte umgewandelt und den händeringend suchenden Kommunen angeboten. Findige Investoren kaufen solche Immobilien gezielt auf, um sie mit saftigem Profit weiterzuvermarkten. Medien berichten von Fällen, in denen Hotelzimmer für 5.200 Euro im Monat vermietet werden. Die Vermarktung als Asylunterkunft ist lukrativer als am freien Markt; Vollbelegung und pünktliche Zahlung wird vom Steuerzahler garantiert.

Selbst schlecht vermietbare Wohnungen werden durch die explodierende Nachfrage zu Goldgruben. Wo angesichts des bevorstehenden Winters Behörden für dringend benötigte Unterkünfte fast jeden Preis zahlen und kaum genau prüfen können, ist auch die Organisierte Kriminalität nicht weit. Nach Focus-Recherchen nutzen arabische Familienclans in Berlin, aber auch in Bremen, Dortmund oder Essen das Asylchaos zur Geldwäsche: Sie kaufen heruntergekommene Wohnungen auf und vermieten sie dank hoher Kopfpauschalen oft für das Zehn- bis Zwölffache der auf dem freien Markt üblichen Miete. 

Die Eigentumsverhältnisse verschleiern diese Mafiosi, indem sie, selbst oft Hartz-IV-Bezieher, als „Generalbevollmächtigte“ von dubiosen Strohmännern im Libanon auftreten. „Das Geschäft mit den Flüchtlingen“, sagt Berlin-Neuköllns ehemaliger Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky, „ist inzwischen wohl einträglicher als der Handel mit Drogen.“ Auch in das Dolmetscher- und Sicherheitsdienst-Geschäft sollen die Clans längst eingestiegen sein. Und den Nachwuchs für ihre Geschäfte rekrutieren sie unter asylsuchenden Landsleuten. Zulieferer der Errichter und Betreiber von Notunterkünften profitieren ebenfalls von einer Sonderkonjunktur. Vermieter von Großzelten und Traglufthallen freuen sich über volle Auftragsbücher, Lieferanten von mobilen Toilettenanlagen oder Feldbetten, mit denen Säle und Turnhallen kurzfristig zu Notaufnahmelagern umgerüstet werden können, kommen der Nachfrage kaum noch hinterher. „Feldbetten-Konjunktur“ nennt die FAZ diesen Effekt.

Sogar Ikea meldet bei      Betten schon Lieferengpässe 

Hersteller von Wohncontainern fahren seit Monaten Doppel-, Dreifach- und Wochenendschichten und stellen neue Mitarbeiter ein, berichtet ein Branchensprecher. Die Preise für die Anschaffung sind deutlich gestiegen, mancherorts um das Fünf- bis Zehnfache. Die zu einer US-Unternehmensgruppe gehörende Firma Algeco in Kehl holt Container aus den Nachbarländern zur Umrüstung und gibt Aufträge an Werke in Frankreich weiter. Auch tschechische Hersteller profitieren von der deutschen „Willkommenskultur“.

Für Handwerksbetriebe wie Dachdecker, Installateure, Maurer und die Lieferanten von Baumaterialien, Absperrungen und Zäunen bedeutet die Umrüstung und Herrichtung von Gebäuden zu Asylunterkünften zusätzliche Aufträge der öffentlichen Hand oder der jeweiligen Betreiberfirmen. 

Und auch die Bauindustrie profitiert: Die Asylkrise verschärft den Wohnungsmangel in Deutschland, die Bundesarchitektenkammer rechnet mit 400.000 zusätzlichen Wohnungen, die für die dauerhafte Unterbringung der Asyl-Immigranten benötigt werden. Die Bundesregierung hat bereits zusätzliche Mittel für den „sozialen Wohnungsbau“ angekündigt. Für Lieferanten, Versorger und Dienstleister sind mit dem Betrieb einer stetig steigenden Zahl von Asylunterkünften goldene Zeiten angebrochen. 

Die Verpflegungspauschalen liegen im Schnitt bei knapp zehn Euro pro Person und Tag. Davon profitieren sowohl örtliche Anbieter wie Bäcker und Lebensmittelhändler, vor allem aber wiederum die überregionalen Unternehmen, die kurzfristig und flexibel auch große Bedarfe abdecken können: Cateringfirmen wie Marktführer Sodexo oder der Tiefkühlkosthersteller apetito beliefern eine große Zahl von Unterkünften und erweitern ihr Angebot bereits um neue Gerichte, die „von der Küche Nordafrikas und des Nahen Ostens inspiriert“ und vor allem schweinefleischfrei sind. Medienrecherchen haben ergeben, daß vereinzelt Anbieter ihren Schnitt kräftig erhöhen, indem sie zu überhöhten Pauschalen, die etwa für die Verpflegung „minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge“ gezahlt werden, Billignahrung in Sparportionen liefern.

Reinigungsunternehmen und Sicherheitsdienstleister, die zum Schutz von Einrichtungen, vor allem aber wegen des oft hohen Aggressivitätspotentials vieler Bewohner engagiert werden müssen, verzeichnen ebenfalls Sonderkonjunktur und stellen zusätzliches Personal ein. Wer solche „Jobwunder“ bejubelt, sollte allerdings im Auge behalten, daß diese, wie das gesamte „Asyl-Geschäft“, steuer- und staatsschuldenfinanziert sind.

Leuchtende Augen bekommen auch Gerätehersteller und Einrichtungshäuser, wenn Länder und Kommunen in Tausender-Stückzahlen Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen, Bettwäsche, Matratzen und Betten für die Neuankömmlinge bestellen. Selbst Marktriese Ikea meldet bereits Lieferengpässe bei Einzel- und Stockbetten.

Und nicht zuletzt profitieren zahlreiche Einzelhändler vom Geld der Steuerzahler, das von Asylbewerbern als „Taschengeld“ in den Konsum eingebracht wird, und schweigen wohl auch deshalb zu Diebstählen und Unregelmäßigkeiten.

Ein beträchtlicher Anteil der Asylausgaben fließt in Personalkosten. In den Einrichtungen werden Sozialarbeiter und Sozialpädagogen als Betreuer benötigt. Auch die Dienstleistungen von Dolmetschern werden von Kommunen und Behörden verstärkt nachgefragt, sowohl für die direkte Kommunikation mit den Asylbewerbern als auch für die Übersetzung von Dokumenten und Drucksachen wie etwa „Willkommensbroschüren“. Der Philologenverband schätzt, daß für die Integration 25.000 zusätzliche Lehrer gebraucht werden; Baden-Württemberg wirbt deshalb um die Reaktivierung von Pensionären und gibt auch „Nichterfüllern“, also Lehramtsanwärtern, die das zweite Staatsexamen nicht abgelegt haben, eine Chance in der Asylindustrie.

Die beiden kirchlichen Wohlfahrtsunternehmen Caritas und Diakonie, dürften infolge der Asylkrise ihre Stellung als größte private Arbeitgeber in Deutschland weiter ausbauen. Kein Wunder also, daß die Sozialindustrie mit anderen Einwanderungslobbyisten Hand in Hand arbeitet, um noch mehr Geld auf ihre Mühlen zu lenken. Tagungen, Kongresse, Gutachten und Expertisen zur Integration der meist illegal Eingewanderten arbeiten den Sozialunternehmen ebenso in die Hände wie die ständig wiederholten Forderungen nach noch mehr Geld für noch größere Integrationsanstrengungen, Deutschkurse und Fortbildungen.

Foot: Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Hamburg: 500 Personen haben in dem ehemaligen Baumarkt Platz. Sinnbild für die „Feldbetten-Konjunktur“