© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Der Frieden liegt in weiter Ferne
Jemen: Wie in Syrien leidet das Land unter einem Stellvertreterkrieg / IS und al-Qaida wittern Morgenluft
Florian Stumfall

Was der Islamische Staat in Syrien und im Irak durch die Angriffe der Allianz und der russischen Luftwaffe sowie die Bodenoperationen des syrischen Militärs einbüßt, das macht er in anderen Teilen der arabischen Welt wett. Dazu gehört Libyen, wo der IS schon Fuß gefaßt hat, dazu gehört aber auch der Jemen, bei dem sich die Vernichtung gerade vollzieht.

Die politischen Gegebenheiten im Jemen entwickelten sich seit drei Jahren zunehmend schlecht. 2012 wurde Mansur Hadi zum Präsidenten gewählt, ein eher schwacher Politiker, der die Macht alsbald an die Generäle verlor, die sich seitdem einander bekämpfen. Dieser Bürgerkrieg forderte die Rebellen der Huthi aus dem Norden heraus, die sich sehr schnell nicht nur der Generalität, sondern auch Kräften der al-Qaida gegenübersahen. 

Dennoch gelang es den Huthi, die Hauptstadt Sanaa und unter anderem auch den wichtigen Hafen al-Hudaida einzunehmen. Anfang des Jahres trat Präsident Hadi zurück, und die Huthi etablierten eine funktionierende Übergangsregierung.

Soweit die zurückliegende Entwick-lung im Jemen, die indes nie eine rein jemenitische Angelegenheit war. Da der südliche Jemen sunnitisch ist, die Huthi aber Schiiten sind, spiegelt sich in dem Land auch der alte und nicht zu tilgende Gegensatz zwischen der arabischen und der persischen Welt. 

Nachdem die US Air Force die schiitischen Huthi, also die Feinde der sunnitischen al-Qaida, über längere Zeit mit Bomben belegte, übernahmen die Saudis die Führung. 

Sonderbare Koalitionen beherrschen die Szenerie

Riad setzte zunächst seine Luftwaffe ein, bevor es Anfang August ein starkes Kontingent von Bodentruppen in den Jemen schickte, das von über 100 Panzern begleitet wurde. Bei alledem ergaben sich sonderbare Koalitionen. Nicht nur, daß die USA zusammen mit der al-Qaida kämpfen, die auch dort eng mit dem IS verbunden ist, eine Zeitlang flog sogar die israelische Luftwaffe Angriffe auf die Huthi, Seite an Seite mit den Saudis (JF 15/15). Diese heuerten dazu auch Söldner aus Lateinamerika an. Allein aus Kolumbien rund 1.800 Mann. Allerdings überläßt das Pentagon den Krieg nicht vollends dem saudischen Partner. Vielmehr hat es Blackwater-Söldner in den Jemen geschickt, von denen nach Meldungen der Nachrichtenagenturen al-Manar und al-Bawaba kürzlich 15 Mann getötet worden sind. Blackwater, seit 2011 unter dem Namen Academi firmierend, ist die weltgrößte private Söldner-Agentur, ihr weitaus wichtigster Auftraggeber die US-Regierung.

Die Präsenz des IS im Jemen wurde spätestens Anfang Dezember offenbar, als die Terrortruppe Jaafar Mohammed Saad den Gouverneur der Provinz Aden, und sechs seiner Leibwächter mit einer Autobombe ermordeten. Dieser Anschlag ist ein gezieltes Politikum gewesen, denn in Aden hat sich, im November zurückkommend aus seinem saudischen Exil, der frühere Präsident Hadi niedergelassen. Der Hintergrund: Die Konfliktparteien des Bürgerkrieges haben den Plan gefaßt, den Versuch einer Einigung zu unternehmen, was der IS und die mit ihm alliierten Kräfte der al-Qaida verhindern wollen. Daß sich der IS umgehend zu dem Mordanschlag auf den Gouverneur bekannt hatte, sollte die Aussichten auf eine Einigung zwischen den Kriegsparteien weiter mindern.