© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 53/15-01/16 vom 25. Dezember und 1. Januar 2016

Steinkohlenzeche „Auguste Victoria“ im Ruhrgebiet geschlossen
Schicht im Schacht
Jörg Fischer

Als in Marl Steinkohle entdeckt wurde, ging das Kaiserreich ins fünfte Jahr. Die Zeche „Auguste Victoria“, benannt nach der Gattin von Wilhelm II., wurde 1899 eröffnet. Vorigen Freitag war dort nach 116 Jahren Schicht im Schacht – das vorletzte Ruhrbergwerk mußte schließen. 2018 ist auch in Bottrop und im westfälischen Ibbenbüren Schluß. Betriebswirtschaftlich war der deutsche Steinkohlebergbau spätestens seit Aufwertung der D-Mark Anfang der siebziger Jahre am Ende.

Ohne Steuerzahlerobolus, Staatsverschuldung und „Kohlepfennig“ (acht Prozent des Strompreises) war die Förderung in tausend Metern Tiefe unrentabel. Im Jahre 2000, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft trat, flossen 4,2 Milliarden Euro an Steinkohlesubventionen. 2015 waren es knapp 1,7 Milliarden – also ein 20-Euro-Schein für jeden Bürger oder sieben Prozent von jenen 23,6 Milliarden, die via EEG-Umlage für die Betreiber von Solar-, Wind- oder Biogasanlagen von den Stromkunden erpreßt werden. Auch die von manchen EEG-Gegnern angepriesene Kernkraft ist ein staatswirtschaftliches Zuschußgeschäft. Ob es wirklich – wie vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft errechnet – 82 Milliarden Euro waren, die vom Steuerzahler bis 2010 an die Atomwirtschaft gingen, ist umstritten.

Eins ist vollkommen klar: Kein Privatunternehmen hätte – schon allein angesichts der Versicherungs- und Entsorgungskosten – jemals ohne Staatshilfe ein AKW errichtet und betrieben. Die marktwirtschaftliche Alternative zum industriell unverzichtbaren Steinkohleimport in Deutschland heißt Braunkohle. Es ist die derzeit billigste Art der Stromerzeugung – selbst wenn die vom Umweltbundesamt auf 279 Millionen Euro veranschlagten Subventionen oder die teure Entschwefelungstechnik mit eingerechnet werden. Doch die Bundesregierung hält am Kohleausstieg fest, obwohl der deutsche Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß nur zwei bis drei Prozent beträgt.