© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/16 / 22. Januar 2016

Tom Schreiber stellt sich gegen die Antifa und wird zu deren Zielscheibe
Allein gegen alle
Ronald Berthold

Zwischen Steinewerfern, vom Staat bezahlten Busfahrten zu Gegendemonstrationen (wie in Thüringen) und brennenden Barrikaden bleibt nicht viel Platz für Kritik. Selbst die CDU hat längst ihren Frieden mit der „Antifa“ gemacht und demonstriert gemeinsam mit ihr „gegen Rechts“. Insofern muß an dieser Stelle jemand gewürdigt werden, der etwas eigentlich Selbstverständliches tut: sich gegen politisch motivierte Gewalt zu wehren – auch wenn diese von links kommt: Tom Schreiber. Der 37jährige Berliner sitzt seit zehn Jahren für die SPD im Abgeordnetenhaus seiner Vaterstadt.

Da sonst so gut wie niemand Widerspruch gegen den Straßenterror wagt, den die Autonomen-Szene im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ausübt, ist er zu deren Haßfigur geworden. In der Nacht zum Dienstag haben Linksextreme bereits Schreibers SPD-Bürgerbüro „entglast“ und beschmiert, und am 6. Februar wird die gewaltbereite Linke einen Aufmarsch gegen ihn veranstalten. Zuvor twitterte Schreiber: „Dumm, blöd, extremistisch. Antifa!“

Der studierte Pädagoge und bekennende Homosexuelle ist Förderer des Vereins lesbischer und schwuler Polizeibediensteter Berlin-Brandenburg. Auch weil er Sprecher seiner Fraktion für sogenannte „Queer-Politik“ ist, irritierte viele im eigenen Lager sein Engagement gegen Gewalt von Linksextremisten. Ein Tabubruch, der ihm das politische Leben nicht immer leichtmacht.

Der Sozialdemokrat erhält schon seit längerer Zeit Drohungen von Linksextremisten. Dennoch geht er immer wieder in die von der Antifa beherrschten Teile Berlins, begleitet sogar die Einsätze der Polizei im Antifa-Kiez. Schreiber will deutlich machen, daß es in der Hauptstadt keine „No-go-Areas“ geben darf. Doch tatsächlich gibt es die längst. Oft genug müssen sich Polizei und Feuerwehr zurückziehen, wenn Antifaschisten sie angreifen. Erst kürzlich attackierten diese einen Streifenpolizisten, als er in ihrem Kiez einen Falschparker aufzuschreiben wagte.

An der Seite der mit Rüstungen geschützten Beamten sah der Mann mit dem gepflegten Bart, wie Antifaschisten Autos anzündeten und das Feuer beinahe auf ein Mietshaus übergegriffen hätte. Wie wütend diese Gewalt Tom Schreiber macht, zeigte er in sozialen Netzwerken. Dort kommentierte er Fotos des brennenden Wagens: „Das Ergebnis der linksautonomen Szene. Widerlich. Abartig. Ekelhaft.“

Mit seiner Kritik steht Schreiber relativ allein. Die Opposition aus Linken, Grünen und Piraten kritisiert regelmäßig die Polizei, sollte sie sich doch einmal in den Kiez rund um die Rigaer Straße trauen und dort sogar Durchsuchungen durchführen. Zuspruch erhält er dagegen von Anwohnern und Nachbarn, die die Gewaltausbrüche leid sind, sich alleingelassen fühlen und Ohnmacht in einem neu entstandenen rechtsfreien Raum spüren.