© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/16 / 29. Januar 2016

Keine helle Birne mehr
Osram-Misere: Anhaltende Verluste zwingen zu drastischen Maßnahmen / Übernehmen asiatische Hersteller das traditionelle Lampengeschäft?
Thomas Fasbender

Viel Licht für wenig Strom“, so warb Osram sogar in dunklen Kriegszeiten für seine Produkte. Ab 1949 hieß es dann: „Osram – hell wie der lichte Tag“. Heute findet sich der eingängige Werbespruch nur noch an der historischen Häuserfassade am Münchner Karlsplatz-Rondell. Glühbirnen gehören der Vergangenheit an, und Osram leuchtet nicht mehr. Das Unternehmen ist ein Sanierungsfall.

Vorstandschef Olaf Berlien hat keinen leichten Stand. Gerade ein Jahr im Amt, spürt der langjährige Thyssen-Krupp-Manager den massiven Gegenwind seiner Investoren. Nach der Verkündigung eines einschneidenden Strategiewechsels im November 2015 brach die Aktie des Leuchtmittelherstellers um ein Drittel auf deutlich unter 40 Euro ein. Daraufhin ging die frühere Muttergesellschaft Siemens, die seit dem Börsengang 2013 nur noch rund 18 Prozent hält, auf Distanz: Der Wert der Beteiligung an Osram sei „von rund 940 Millionen Euro auf rund 680 Millionen geschrumpft“. Der Kurswechsel habe „Siemens und den Markt unvermittelt getroffen“.

Die Analysten können das nachfühlen. Wolfgang Donie von der NordLB: So sinnvoll die neue Strategie langfristig auch sei, so sehr belaste sie in der Umsetzungsphase das Ergebnis. Andererseits sei das neue Kursniveau hochattraktiv für Einsteiger mit langem Atem. Die Empörung der Siemens-Oberen ist insofern verwunderlich, als die Lage des nach Philips zweitgrößten Leuchtmittelherstellers zuvor kein Geheimnis war. Der weltweite Technologiewechsel hin zu elektronischen und LED-Beleuchtungen zwingt nicht nur Osram zu Anpassungsmaßnahmen. Schon 2012 hatte McKinsey vorgerechnet, der Anteil von Leuchtdioden (LED) am Kunstlichtmarkt werde 2020 nicht bei (wie erwartet) 65 Prozent, sondern bei 70 Prozent liegen. Die klassischen Leuchtmittel, etwa Glühbirnen oder Halogen-Leuchtstoffröhren, haben ausgedient.

Marktführer Philips hat das Glühlampen- und LED-Geschäft schon 2015 unter dem Namen „Lumileds“ abgetrennt. Wie es heißt, will das Unternehmen sich völlig auf Medizintechnik konzentrieren. Die Lampensparte steht entweder vor dem Börsengang oder vor dem Verkauf an potente Finanzinvestoren. Ein Erlös von fünf bis sechs Milliarden Euro gilt als realistisch. Ein 80-Prozent-Paket am Geschäft mit Leuchten und LEDs für die Autobranche hatte Philips bereits an den chinesisch beherrschten Finanz­investor Go Scale Capital veräußert – Kaufpreis: 2,8 Milliarden US-Dollar. Die Transaktion wurde allerdings nach langem politischen Tauziehen vor wenigen Tagen von US-amerikanischen Behörden „aus Gründen der nationalen Sicherheit“ untersagt.

Die Kostenstruktur in Asien ist deutlich günstiger

Das Leuchtengeschäft der Holländer ist mit über sieben Milliarden Euro Umsatz deutlich größer als das des Marktzweiten Osram. Die Münchner erwirtschafteten 2013/14 mit 34.000 Beschäftigten einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro. Davon entfiel noch ein Drittel auf Neonröhren und Lampen, wie man sie aus Baumärkten oder aus dem Fachhandel kennt. Die Verkäufe solcher Leuchtmittel sinken allerdings rapide, im Geschäftsjahr 2014/15 trotz schwacher Margen um 15 Prozent. Entsprechend fiel das Konzernergebnis – vor allem aufgrund des Personalabbaus – negativ aus. In Deutschland beschäftigt die Lampensparte unter anderem in Augsburg, Berlin und Eichstätt noch rund 2.500 Mitarbeiter, im Ausland 7.500. Noch im April 2015 hatte Berliens Ankündigung, das Lampengeschäft abzuspalten und zu veräußern, für ein Allzeithoch der Aktie gesorgt (51,30 Euro). Als er jedoch im November verkündete, in Malaysia für drei Milliarden Euro eine LED-Chipfabrik bauen zu wollen, fiel der Kurs über Nacht um 30 Prozent. Bis heute pendelt das Papier um 37 Euro. Investoren fordern bereits, die Asien-Pläne bis zur anstehenden Hauptversammlung am 26. Februar auszusetzen.

Daß der Osram-Chef sich nicht aus dem Konzept bringen läßt, unterstrich er Anfang 2016 mit der Umbenennung des Lampengeschäfts in „Ledvance“. Der aus LED und Advance (englisch für Fortschritt) gebildete Name verkörpere den LED-Trend ebenso wie die daraus resultierenden Chancen, kommentierte er die Entscheidung. Aus der Sicht des Chefs – und seiner McKinsey-Berater – liegt die Zukunft bei LED-Chips, Auto- und Speziallicht. Mit dem Verkauf des traditionellen Lampengeschäfts will Berlien demnächst wenigstens einige hundert Millionen Euro einnehmen. 

Getrieben werden die Osram-Pläne in Asien vom raschen Wachstum der dortigen Hersteller – und Märkte. Vor allem ist die Kostenstruktur in Asien deutlich günstiger als bei den europäischen oder den US-Produzenten.

Das Handelsblatt interpretierte die heftige Schelte seitens der früheren Konzernmutter als Vorbote einer geplanten Veräußerung der restlichen Osram-Aktien durch Siemens. Es würde passen: Auch der Verkauf von Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) im Vorjahr stand im Zeichen der unter Joe Kaeser vorangetriebenen Konzentration auf das Kerngeschäft mit der Industrie.

An dem Osram-Paket dürften vor allem strategische Investoren aus Asien Interesse finden, also taiwanesische, chinesische oder koreanische LED-Hersteller. Seit langem tönt von dort die Klage, die europäische und US-Konkurrenz halte die asiatischen Produzenten vom lukrativen Markt für Autoleuchten fern. 20 Prozent der Osram-Aktien in der Hand eines asiatischen LED-Herstellers könnten, richtig gehandhabt, das Ende dieses westlichen Monopols einläuten.

Am 3. Februar gibt es die Quartalszahlen, am 16. Februar findet die Hauptversamlung statt:  www.osram-group.de/