© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/16 / 29. Januar 2016

Haltungsnote
„Gefühlte Wirklichkeit“
Christian Rudolf

Wehe dem, der ein öffentliches Geheimnis ausspricht. Wie die feste freie Mitarbeiterin des WDR Claudia Zimmermann, die aus Holland berichtet. Die Probleme mit „Flüchtlingen“, plauderte die 54 Jahre alte Diplom-Journalistin während einer Diskussion im niederländischen Radiosender L1, sollten im Programm schon „in einer mehr positiven Art“ behandelt werden. Auf die Nachfrage, ob sie Anweisungen erhalte, antwortete Zimmermann wie weiland Radio Eriwan: „Im Prinzip nicht, aber ...“ Es gebe „verschiedene Kommissionen, die bestimmen, wie unser Programm aussehen muß. Und wir sind natürlich sehr wohl angewiesen, ein bißchen pro Regierung zu berichten.“ Im Zeitungsinterview präzisierte Zimmermann, sie habe nur gesagt, „was alle wußten“. „Unausgesprochen haben sich fast alle Journalisten über Jahre einen Maulkorb auferlegt. Wir haben doch alle die Tatsachen verschwiegen.“ Niemals habe es „senderintern Anweisungen“ gegeben, nicht allzu kritisch über „Flüchtlinge“ zu berichten. „Nur, es gibt auch eine gefühlte Wirklichkeit.“

Die Empörung bei ihrem Auftraggeber war groß. Nach einem „Gespräch“ mit dem WDR korrigierte Frau Zimmermann, sie habe „Unsinn geredet“, der ihr „ungeheuer peinlich“ sei.