© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

Volk am Gewehr

Mal eben im Supermarkt ein Gewehr oder Munition kaufen? Das geht in Deutschland nicht. Schon seit der frühen Neuzeit wird bei uns privater Waffenbesitz strikt begrenzt. Heute besitzen etwa 1,45 Millionen Deutsche zusammen legal rund 5,5 Millionen Schußwaffen. Wer darf das? Und welche sind das? Antworten von Rolf Bichmann, Rechtsanwalt und Waffenbesitzer

Wer hat in Deutschland das Recht, eine Schußwaffe zu besitzen?

Zum Eigentum von Schußwaffen sind im wesentlichen folgende Personen berechtigt:

- Jäger

- Sportschützen und Brauchtumsschützen

- Personen, die Schußwaffen vererbt bekommen (Erbenprivileg)

- Sogenannte Altbesitzer, die vor den Waffenrechtsänderungen 1972/1976 Schußwaffen erworben haben. Sie müssen (wie die Erben) ebenfalls kein waffenrechtliches Bedürfnis nachweisen.

- Sammler von kulturhistorisch wertvollen Waffen.

- Inhaber eines (Großen) Waffenscheins. Dies sind Privatpersonen, die aufgrund einer erhöhten Gefährdung oder als ziviler Dienstwaffenträger eines Sicherheitsunternehmens Waffen führen (tragen) dürfen.

- Inhaber einer Waffenhandelslizenz / Büchsenmacher

- Waffensachverständige

- Hinzu kommen Eigentümer frei verkäuflicher Waffen (Schreckschuß-, Signal- und Reizstoffwaffen), gegebenenfalls als Inhaber des „Kleinen Waffenscheins“, wenn die Waffe geführt (getragen) werden soll.

- Besitzer / Eigentümer von Luftdruckwaffen mit einer Mündungsenergie bis 7,5 Joule. Diese dürfen auch nicht mit einem Kleinen Waffenschein geführt, wohl aber besessen werden.





Welche und wie viele Waffen dürfen Jäger oder Sportschützen  besitzen? 

Jäger dürfen unbegrenzt Langwaffen (Gewehre) und zwei Kurzwaffen (Revolver, Pistolen) ohne Bedürfnisnachweis erwerben. Eine größere Zahl von Kurzwaffen  dürfen sie nur haben, wenn Sie ein Bedürfnis nachweisen können oder Waffen erben.

Sportschützen müssen in den vergangenen zwölf Monaten den Schießsport regelmäßig betrieben und die Sachkundeprüfung bestanden haben. Nach einem Antrag und Unterstützung des Vereins wie auch des Schießsportverbandes können sie innerhalb eines halben Jahres den Erwerb von zwei Waffen beantragen. Höchstens drei halbautomatische Langwaffen und zwei Kurzwaffen dürfen erworben werden. Darüber hinaus muß der Bedarf weiterer Waffen zur Ausübung weiterer Sportdisziplinen oder zur Wettkampfteilnahme glaubhaft gemacht werden. 

Vollautomatische Waffen (Sturmgewehre, Maschinenpistolen) unterliegen dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Sie zu besitzen ist streng verboten.





Darf ich als Jäger oder Sportschütze eine Waffe ständig bei mir haben?

Nein. Ein Jäger darf dies nur zur Ausübung der Jagd, der Fahrt zur oder von der Jagd oder zum Besuch eines Schießstandes sowie eines Büchsenmachers.

Für Sportschützen gilt: nur auf dem Transport zum oder vom Schießstand, beim Schießen oder zum Besuch eines Büchsenmachers. 





Immer wieder fordern Politiker, das Waffenrecht zu verschärfen oder den privaten Waffenbesitz einzuschränken. Welche Neuerungen werden aktuell diskutiert?      

Diskutiert wird ein Verbot halbautomatischer Waffen. Diese dürfen derzeit zum Beispiel Jäger in Deutschland dann verwenden, wenn das Magazin zur Aufnahme von nicht mehr als zwei Patronen vorgesehen ist. Eine solche Waffe ist zur Ausübung terroristischer Anschläge jedoch völlig ungeeignet. Ein Verbot würde auch Pistolen betreffen, deren Verwendung bei der Jagd oder beim Erlegen von verunfalltem Schwarzwild oftmals unentbehrlich ist. Kommt es zu einem Verbot, könnten Besitzer solcher Waffen unter Umständen enteignet werden, was einen eventuellen Verstoß gegen Artikel 14 des Grundgesetzes (Schutz des Eigentums) nicht ausschließt. 

Ferner sollen die Vorschriften für Online-Waffenkäufe verschärft werden, um den Erwerb von Waffen, wesentlichen Teilen oder von Munition über das Internet einzudämmen. Außerdem sind EU-einheitliche Regelungen für die Kennzeichnung von Feuerwaffen geplant, um eine bessere Rückverfolgbarkeit von Waffen gewährleisten zu können. Dies ist in Deutschland schon umgesetzt. Der Handel von Waffen über das Internet wird eingeschränkt und ausschließlich Händlern erlaubt. Die Attentäter von Paris besorgten sich ihre Anschlagswaffen im sogenannten „Darknet“, einem separaten Teil des Netzes, welches nicht ohne weiteres zugänglich ist.  

Die Erteilung und Erneuerung waffenrechtlicher Erlaubnisse sollen von einer verpflichtenden medizinischen Untersuchung abhängig gemacht, waffenrechtliche Erlaubnisse auf maximal fünf Jahre befristet werden. Deutsche Waffenbesitzer werden jedoch bereits jetzt regelmäßig auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft.





Welche Bedingungen muß ich erfüllen, um eine Waffe besitzen zu dürfen?

Der Besitzer einer Waffe muß volljährig sein und seine persönliche Zuverlässigkeit und  Eignung (körperlich sowie geistig) nachweisen. Das heißt, er darf zum Beispiel nicht vorbestraft, drogen- oder alkoholabhängig sein, keiner verbotenen Organisation oder Partei angehören.

Erforderlich ist außerdem die Sachkenntnis (nachgewiesen etwa durch den Jagdschein), das heißt, er muß mit der Waffe zweckmäßig umgehen können. 

Außerdem muß ein Bedürfnis nachgewiesen werden (dies gilt nicht für den Erwerb von Schreckschuß-, Reizgas- oder Signalwaffen sowie Luftgewehren unter 7,5 Joule).

Unter Umständen gehört zu den Voraussetzungen auch der Abschluß einer Haftpflichtversicherung.





Was müssen Waffenbesitzer unbedingt beachten? Haben sie auch Pflichten? 

Ein klares Ja! Waffenbesitzer müssen eine Sachkundeprüfung ablegen. Dieses Kriterium ist zum Beispiel mit der erfolgreichen Jägerprüfung erfüllt. 

Etwas anderes gilt für den bloßen Erwerb von Luftdruckwaffen oder Signal-, Schreckschuß- sowie Reizstoffwaffen, die nicht getragen werden sollen.

Nachzuweisen ist zudem die sichere Aufbewahrung in geeigneten Behältnissen (unter Umständen Tresore verschiedener Sicherheitsstufen).  Gegebenenfalls ist die Verwahrung von Munition in einem anderen Behältnis vorgeschrieben.

Wer eine Waffe erbt, muß diese in manchen Fällen von einem Büchsenmacher zusätzlich vorübergehend unbrauchbar machen lassen, wenn dies technisch ohne Beschädigung möglich ist.

Unter Umständen muß eine Versicherung nachgewiesen werden. Dies ist jedoch nicht nötig beim Tragen von Waffen, welche vom Kleinen Waffenschein umfaßt werden (Signal-, Schreckschuß- oder Reizstoffwaffen).





In jüngster Zeit ist oft die Rede davon, daß die Nachfrage nach dem sogenannten „Kleinen Waffenschein“ extrem zugenommen hat. Wofür braucht und wie bekommt man ihn?

Man braucht ihn um Schreckschuß-, Reizgas- oder Signalwaffen in der Öffentlichkeit tragen zu dürfen. Bei öffentlichen Veranstaltungen ist das Führen von Waffen jeder Art allerdings grundsätzlich verboten.

Reizstoffsprühgeräte (Pfefferspray) mit PTB-Prüfzeichen dürfen auch ohne Kleinen Waffenschein von Personen ab 14 Jahren in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Der Kleine Waffenschein wird je nach Bundesland und Stadt von der Polizei, dem Ordnungs- oder Landratsamt bzw. der Kreis- oder Gemeindeverwaltung ausgestellt.





Glossar:

Luftdruckwaffen: Luftgewehre, Luftpistolen. Technisch korrekt eigentlich: Druckluftwaffen. Das Geschoß wird bei ihnen mit Druckluft und nicht mit einer pyrotechnischen Treibladung angetrieben.

Langwaffen: Gewehre

Kurzwaffen oder Faustfeuerwaffen: Pistolen oder Revolver

Halbautomatische Waffen: Waffen, bei denen die neue Patrone nach dem Schuß wieder automatisch nachgeladen wird

Vollautomatische Waffe: Mit durchgezogenem Abzug können mehrere Schüsse abgegeben werden (Dauerfeuer). 

Kleiner Waffenschein: Berechtigt zum Mitführen von Signal-, Schreckschuß- und Reizstoffwaffen (Pfefferspray)

Großer Waffenschein: Berechtigt zum Mitführen von „richtigen“ Schußwaffen

Waffenbesitzkarte: Berechtigt zum Erwerb von Waffen (Jäger, Sportschützen)

 www.nwr-fl.de

 www.jagdverband.de

 www.dsb.de

 www.dwj.de