© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

CD-Kritik: Julius Röntgen
Kaisertreu
Jens Knorr

Julius Röntgen (1855–1932) aus Leipzig war ein richtig guter Pianist und Komponist. Das Wunderkind hatte noch Franz Liszt vorgespielt, ein Violin-Duo des 14jährigen wurde von seinem Vater, der zweiter Konzertmeister des Gewandhausorchesters war, und Josef Joachim ebendaselbst aufgeführt. Ab 1878 in den Niederlanden ansässig, komponierte Röntgen 25 Symphonien, sieben Klavier-, fünf Violin-, drei Cellokonzerte, 22 Streichquartette und noch viel mehr. Unter den späten Werken finden sich einige experimentelle.

Aber gut sein allein genügt nicht. Ob Sonate, Suite, Rhapsodie, Phantasie oder Variation – Röntgens Stücke für Violine und Violoncello, allesamt in den Zwanzigern geschrieben, weisen über Anlässe, für die, Zeit und Gesellschaft, in denen sie geschrieben wurden, kaum hinaus. In ihnen ist mehr Asche als Glut, farbenschöne Asche.

Cellistin Katharina Troe und Violinist Oliver Kipp, die beiden Streicher des Hyperion-Klaviertrios, haben die Stücke komplett auf drei CDs eingespielt. Ihr redlicher, gemütvoller Vollzug fordert keinem von ihnen ab, was es nicht zu leisten vermöchte.

Der Hörer darf sich ein ganz klein wenig wie Kaiser Wilhelm fühlen, dem Röntgen, seit 1919 niederländischer Staatsbürger, regelmäßig in „Huis Doorn“ aufgespielt hat. Exil hat durchaus auch schöne Saiten.

Julius Röntgen Werke für Violine und Klavier Thorofon 2015  www.hyperion-trio.de