© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/16 / 05. Februar 2016

Die Eschenburg-Debatte zur Wiedervorlage: Keine treibende Kraft bei Arisierungen
Ein „überkorrektes Votum“
(wm)

In der Debatte um Theodor Eschenburg (1904–1999, zuletzt JF 51/13), den einstigen Doyen der deutschen Politikwissenschaft,  eröffnet der Chemnitzer Emeritus Eckhard Jesse nun die nächste Runde. Der wegen seiner marginalen Beteiligung an „Arisierungen“ ins Visier der nie ruhenden bundesdeutschen Vergangenheitsbewältigung geratene Eschenburg gilt heute, nach einer seit 2011 erbittert geführten Kontroverse um seine Rolle im Dritten Reich, geradezu als Unperson. Im Herbst 2013 schaffte die Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft daher ihren nach Eschenburg benannten Preis für ein politologisches Lebenswerk ab. Mit wenig überzeugenden Gründen, wie Jesse meint, der sich auf einige reumütige Einschränkungen beruft wie jene Claus Leggewies, der von einem „überkorrekten Votum“ gegen Eschenburg sprach. Entschieden kritischer moniert Jesse, Eschenburgs Werk sei keineswegs „kontaminiert durch sein Leben“, durch „Leisetreterei und Opportunismus“ im NS-System (Zeitschrift für Politik, 4/2015). Vielmehr zeige gerade der Ablauf der „Abrechnung“ mit ihm „diejenige Form der Volkspädagogik“, die man zu Unrecht an dem Tübinger Gelehrten tadle. Er habe keinen Widerstand geleistet, aber sei keine treibende Kraft bei Arisierungen gewesen, mithin nicht moralisch diskreditiert. 


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