© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/16 / 19. Februar 2016

Grüße aus San Francisco
Lieber nicht autonom
Elliot Neaman

Im Jahr 1896 ging eine Dame namens Bridget Driscoll als erstes aktenkundiges Todesopfer eines Autounfalls in die Geschichtsbücher ein. Der für den Fall zuständige Gerichtsbeamte gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß „so etwas nie wieder passieren wird“. 120 Jahre später sterben tagtäglich 3.280 Menschen weltweit bei Autounfällen – fast 1,3 Millionen pro Jahr.

Die große Mehrzahl aller tödlichen Unfälle ereignet sich in Entwicklungsländern. In Europa, den USA und Teilen Asiens hingegen ist der Trend dank sicherer Technologien und strenger Gesetze eher rückläufig. Noch in den 1970er Jahren lag die Zahl der Todesopfer jährlich bei 25 pro 100.000 Einwohner. In den 1990ern fiel sie auf ca. 15, seit 2010 auf nur noch 10 pro 100.000 Einwohner.

Nun aber verzeichnete San Francisco gar seinen ersten Unfall mit einem selbstfahrenden Pkw, einem Nissan Leaf, der auf einer ruhigen Straße bei gutem Wetter und einer Geschwindigkeit von 32 Stundenkilometern nach links abdriftete. 

Augenzeugen zufolge übernahm daraufhin der Fahrer die Kontrolle, dem es jedoch nicht gelungen sei, die Fahrtrichtung rechtzeitig zu ändern. Es kam zu einem Auffahrunfall mit einem geparkten Toyota Prius. Hätte der Fahrer nicht eingegriffen, hätte der Bordcomputer den Kurs vermutlich korrigieren können. 

Solange fehlbare Menschen mit Maschinen interagieren, wird es solche Vorfälle geben.

Laut der US-Autobahnbehörde NHSA werden 90 Prozent aller Autounfälle durch menschliches Versagen verursacht. Obwohl eine Zulassung selbstfahrender Pkw ohne menschliche Fahrer kaum zu erwarten ist, stellt sich denoch die große Frage, ob sich diese Statistik durch zunehmende Automatisierung ändern wird.

Google, neuerdings das wertvollste Unternehmen der Welt, hat seinerseits Ärger mit der kalifornischen Straßenverkehrsbehörde. Bei 49 selbstfahrenden Fahrzeugen des Technologieführers wurden 341 Computerfehler auf öffentlichen Straßen in vierzehn Monaten dokumentiert. In einem Fall, den Google auf menschliches Verschulden zurückführte, wurden drei Mitarbeiter verletzt. 

Solange fehlbare, ablenkbare und unberechenbare Menschen mit Maschinen interagieren, die unser irrationales Verhalten weder nachvollziehen noch korrigieren können, werden derartige Vorfälle auch weiterhin vorkommen – und der Traum von einem wirklich „autonomen“ selbstfahrenden Auto eine Science-fiction-Phantasie bleiben.