© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/16 / 19. Februar 2016

Die fundamentalen Fehler der europäischen Bankenunion
Nur gut gemeint
Dirk Meyer

Die Kapitalmarktfreiheit gehört zu den vier Grundlagen des EU-Binnenmarktes. Deshalb ist die Bankenunion ein äußerst wichtiges Vorhaben, will man Bankruns, dominohafte Bankenpleiten und die Fehlleitung von Kapital vermeiden. Die Integration der Kapitalmärkte ist ein Dreiklang aus der Bankenregulierung und -aufsicht, der Abwicklung insolventer Geldinstitute sowie einer Einlagensicherung (JF 5/16).

Der Idealfall sähe so aus: An erster Stelle steht eine EU-weite Bankenregulierung, die Mindeststandards für die Geldhäuser neben den Basel-III-Regeln beinhaltet. Hierzu zählen Eigenkapitalvorgaben, Verschuldungsgrenzen und Transparenzregeln. Zugleich würde eine unabhängige Aufsicht bestehen, die systemrelevante Banken überwacht. Ziel ist die Vermeidung von Schieflagen.

An zweiter Stelle steht die Abwicklung insolventer Geldhäuser. Gemäß einer Haftungskaskade werden zunächst die Anteilseigner, dann die Anleihegläubiger der Bank und schließlich Sparer mit Einlagen über 100.000 Euro herangezogen. Dies soll die Abwicklung insolventer Geldhäuser ohne die Gefährdung weiterer Finanzinstitute und ohne Steuergelder ermöglichen. An dritter Stelle steht die Einlagensicherung von Kundengeldern. Diese Regelung dient dem Gläubigerschutz. Die Rangfolge ist nicht ohne Grund gewählt: Eine strenge Vorgabe von Mindeststandards macht eine Abwicklung unwahrscheinlicher. Wird eine Pleitebank geordnet abgewickelt, steigt die Chance der Schonung der Kundengelder – die in letzter Instanz über eine Einlagensicherung garantiert werden. Soweit die Theorie.

Die derzeit geplante EU-Bankenunion folgt eher Tucholskys Erfahrungssatz: „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“ So galten die griechischen Banken noch im Herbst 2014 als ‚solide finanziert‘. Der Grund: Als Regulierer ließ die EZB zu, daß 13 Milliarden Euro an Steuergutschriften zum Eigenkapital der Banken gerechnet wurden. Das Problem: Wenn der Staat zahlungsunfähig würde – wie im Juli 2015 de facto geschehen –, wäre ein Viertel des Eigenkapitals wertlos. Zudem waren 40 Prozent aller Kredite notleidend. Die Überschuldung der vier Großbanken war ganz offensichtlich.

Wohlweislich hatte die griechische Regierung die EU-Richtlinie zur Bankenabwicklung noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Statt die Haftungskaskade, also auch Einlagen über 100.000 Euro heranzuziehen, wurden unrechtmäßig zunächst Notkredite der griechischen Zentralbank, dann Mittel des Euro-Rettungsfonds zum Erhalt der Geldhäuser aufgewandt: Gemeinschaftshaftung statt Institutshaftung. Man kann sich die Kapitaltransfers nur ausmalen, die im Falle des geplanten Europäischen Einlagensicherungssystems seitens der Länder mit solventen Bankensystemen in ein griechisches schwarzes Finanzloch unwiderruflich fließen würden.