© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

Prägende Konstanten und neue Perspektiven
Sehschule: Die Berliner Bibliothek des Konservatismus zeigt erstmals Filme / „Gran Torino“ von und mit Clint Eastwood zum Start der Reihe
Katharina Puhst

Wir wollen für einen elitären Kreis eine Bildungsveranstaltung unter medialem Einsatz“ anbieten. Mit diesen Worten eröffnete Wolfgang Fenske (46), Leiter der Bibliothek des Konservatismus, am Mittwoch voriger Woche die neue Veranstaltungsreihe „Konservatismus im Film“. Den Auftakt bildete das mehrfach preisgekrönte Drama „Gran Torino“ (2008), in dem Clint Eastwood als Regisseur und Hauptdarsteller glänzt. Als von „alten“ Werten und Idealen geprägter Kriegsveteran Walt Kowalski, der sich in seiner im Niedergang begriffenen Detroiter Vorstadtsiedlung fremd fühlt, verkörpert er das Inbild eines Konservativen.

Was veranlaßt Zuschauer dazu, sich auf Klappstühle in den Lesesaal einer Bibliothek zu setzen und einen auf die Leinwand projizierten älteren Film anzusehen? Vielleicht die Neugier zu erfahren, wie es zu jener Auswahl kam, oder aber das Interesse an einer offenen Diskussion im Anschluß an die Filmvorführung. Vielleicht ist es auch das Gefühl, das sie alle verbindet, die Beklommenheit angesichts einer sich verändernden Gesellschaft, die zunehmend von Überfremdung bedroht und durch die Identitätsfrage erschüttert wird. Gerade wegen seiner aktuellen Thematik eignete sich „Gran Torino“ zum Start der neunteiligen Filmreihe, die bis Ende des Jahres in der Bibliothek gezeigt wird.

Zu Beginn präsentieren Stefan Flach und Nicolas Savoie, die beiden Initiatoren der Reihe, eine Hinführung zum jeweiligen Film mit Blick auf seine historische Bedeutsamkeit. Konservatismus sei durchaus „als Lösung für Probleme“ zu sehen, unterstreicht Flach und verweist auf die abgerissene Familienbande in „Gran Torino“. Jeder der Filme besitze einen konservativen Kern, der sich in dessen Haltung, Ästhetik sowie Personen widerspiegele. Es gehe darum, etwas wertzuschätzen und konservatives Denken als eine prägende Konstante zu erkennen, die sich durch Zeit und Kultur hindurchzieht. Flach und Savoie sprechen von einem „Rückschluß auf die Realität“ und beteuern, daß Filme, die etwas bewirken wollten, Realität bewahren müßten.

Zu sehen ist „Gran Torino“ in Originalsprache mit deutschen Untertiteln, denn „der Film, wie wir ihn verstehen, muß in seiner Ganzheit gezeigt werden“, erläutert Flach. Er spricht von einer „Sehschule“. Ziel sei es, den Zuschauern neue Perspektiven auf bekannte, vielleicht auch problematische Inhalte zu eröffnen. Das Publikum soll sich eine eigene Meinung bilden, die nach Filmende diskutiert werden darf. In dieser von Flach und Savoie geleiteten Gesprächsrunde zeigte es sich einig, daß heute gegen konservative Sichtweisen sofort die Rassismuskeule geschwungen werde. Dabei konnte jeder Teilnehmer an diesem Abend Walt Kowalskis Gefühl des Unbehagens und der Fremdheit nachempfinden. „Uns ist es wichtig, daß die Zuschauer den Film mit gutem Gefühl verlassen“, hebt Flach hervor.

Bis Mitte November werden in der Bibliothek des Konservatismus noch folgende acht Filme gezeigt: „Des Teufels General“ (Deutschland, 1955), „Wolken ziehen vorüber“ (Finnland, 1996), „Mein Heimatland Japan“ (Japan, 2007), „Die Reise nach Tokyo“ (Japan 1953), „Rambo“ (USA, 1982), „Eine wahre Geschichte“ (USA, 1999), „Das Wort“ (Dänemark, 1955) und „Schlagende Wetter“ (USA, 1941). Die Filmvorführungen sind nicht öffentlich, eine Anmeldung ist erforderlich. Der Eintritt ist frei. 

Weitere Informationen zur  Bibliothek des Konservatismus im Internet:  www.bdk-berlin.org/