© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

Blick in die Medien
Zuschauer außer Dienst
Tobias Dahlbrügge

Es wird oft zu Recht moniert, daß der deutsche Film zwar gute Komödien, packende Dramen und passable Geschichtsfilme produziert, aber keinen Actionheld aufweisen kann. Ein deutscher James Bond? Fehlanzeige. Man kann über Hollywood sagen, was man will, aber in dem Punkt haben uns die Popcornkino-Produzenten einfach etwas voraus.

Ausgerechnet das betuliche Anstaltsfernsehen wollte das ändern. Obwohl die Zuschauer lieber das Münster-Duo Thiel und Boerne sehen will, brachte der NDR Til Schweiger vom „Tatort“ auf die Kinoleinwand. Als Kriminalkommissar mit dem albernen Namen „Nick Tschiller“ sollte es Schweiger so richtig knallen und krachen lassen.

Damit ist der Tatort-Kommissar Schweiger nicht nur als Möchtegern-Rambo gescheitert. 

Die Produzenten durften acht Millionen Euro verbraten für eine flache Geschichte, massenhaft Blut und Gedärme, rohes Gekloppe und Geballer – dafür ohne weibliche Hauptrolle außer Schweigers Tochter. Das Ergebnis war ein wirtschaftliches Desaster. Es kamen so wenige Zuschauer, daß die Macher schon wütend von „Boykott“ sprechen.

Nach 117.000 Kinogängern zum Filmstart kamen am zweiten Wochenende bundesweit nur noch 67.000.  Selbst der Kinderfilm „Bibi & Tina“ zog mehr Publikum an als „Off Duty“ (deutsch: Außer Dienst). Vor Absetzung wird Schweiger nicht einmal eine halbe Million Zuschauer erreichen, kaum ein Achtel seiner letzten Kinoerfolge. Damit ist nicht nur Til Schweiger als Möchtegern-Rambo gescheitert, sondern auch der Versuch, einen Tatort auf die Leinwand zu bringen. Was als Einschlafhilfe am Sonntagabend funktioniert, bevor am nächsten Morgen die neue Arbeitswoche startet, taugt nicht zum Kinoereignis,. Jedenfalls nicht mit Schweiger.

Bei guten Schauspielern erkennt der Zuschauer nur die Rollenfigur – aber bei Til Schweiger immer nur Til Schweiger. Der sieht das jedoch ganz anders und beschimpft die Kritiker auf Facebook als „Trottel“ und „Neider“. Es täte ihm gut, wirklich mal „off duty“ zu sein.