© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

Von der Schabe lernen, heißt siegen lernen
Wissenschaftler sehen Strapazierfähigkeit der Kakerlake als Vorbild / Minicomputer CRAM soll Leben retten
Heiko Urbanzyk

Wenn ein 75 Kilogramm schwerer Mensch das 900fache seines Gewichtes als Druck aushielte, dann könnten 67.500 Kilogramm auf ihm lasten, ohne daß er verletzt würde. Beeindruckend? Das fanden auch Forscher der University of California (UC Berkeley), die ebendiese Strapazierfähigkeit der amerikanischen Küchenschabe auf einen Roboter übertragen haben. CRAM heißt das handtellergroße Kerlchen, das durch Kaushik Jayaram and Robert J. Full entwickelt wurde. CRAM ist das Kürzel für „Compressible robot with articulated mechanisms“, zu deutsch: „zusammendrückbarer Roboter mit beweglichen Mechanismen“. Full untersucht seit 30 Jahren, wie Tiere sich fortbewegen, um daraus gewonnene biomechanische Erkenntnisse für Robotertechnologie nutzbar zu machen, teilte die UC Berkeley mit.

CRAM vereint verschiedene Eigenschaften der Küchenschabe: Belastbarkeit, Geschwindigkeit und die Fähigkeit, sich in geducktem Zustand zügig fortzubewegen. Die Küchenschabe ist im Normalzustand 13 Millimeter hoch, kann sich aber zum Durchdringen enger Hindernisse auf 2,5 Millimeter zusammendrücken. Jayaram fand heraus, daß die Kakerlaken in diesem Zustand immer noch mit nahezu Höchstgeschwindigkeit durch enge Spalten kriechen – zur Not auf nur zwei Beinen unter Verwendung der Fühler. In sechs Millimeter hohen Gängen liefen die Schaben etwa das Zwanzigfache ihrer Körperlänge (rund 30 Millimeter) pro Sekunde.

Der CRAM-Computer kann die „Beine“ und weitere Teile bei Druck von oben zur Seite wegklappen, um sich klein zu machen. Die hohe Belastbarkeit wird durch einen flexiblen Kunststoffpanzer erreicht. Noch, so die Wissenschaftler, ist CRAM ein Prototyp im Labor. Wie sich der Roboter im Einsatz verhalte, müsse sich noch zeigen. Nach Entwicklung der Marktreife könnte der Roboter zur Suche von verschütteten Personen dienen und Einstiege für Rettungskräfte suchen. Die Entwickler träumen davon, ganze Schwärme als Kundschafter auszusenden.

 Komplette Studie als kostenloses PDF in englischer Sprache: www.pnas.org