© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/16 / 26. Februar 2016

Knapp daneben
Kein Recht auf Privatsphäre
Karl Heinzen

Vor zwei Jahren gab die amerikanische Schauspielerin Gwyneth Paltrow die Trennung von Chris Martin bekannt. Trotz Ehebundes und zwei gemeinsamen Kindern hatte auch der Sänger der britischen Schmusepopband „Coldplay“ leider doch nicht ihr Mann fürs Leben sein sollen. Dieser Rang scheint vielmehr Dante Soiu zu gebühren, der schon seit 1999 und damit viel länger als Martin unauslöschliche Spuren in ihrer Biographie hinterläßt. Allerdings ist ihre Beziehung bis auf den heutigen Tag recht einseitig. Dante Soiu war zwar stets bemüht, seinem Vornamen alle Ehre zu machen und überschüttete sie mit Briefen voll poetischer Sprachgewalt. Ab und zu ließ er der Angebeteten sogar eine kleine Aufmerksamkeit zukommen, mal Lifestyle-Accessoires wie Ohrringe oder Gebrauchtkleidung, mal auch ganz praktische Dinge wie Kochbuch oder Sexspielzeug.

Wer seinem Publikum als begehrenswert erscheinen will, muß auch die Folgen dieses Wunsches tragen.

Paltrow hat all dies, niemand kann sagen warum, nicht zu schätzen gewußt. Statt dessen strengte sie bereits im Jahr 2000 einen Prozeß gegen ihren Verehrer an. Soiu entging einer Haftstrafe nur um den Preis eines mehrjährigen Aufenthalts in der Psychiatrie. Nach der Entlassung wollte er seine Freude, von der Sucht nach Pornographie genesen zu sein, mit Paltrow teilen und ihr zugleich zu verstehen geben, daß er ihr nicht gram sei, auch wenn er ihretwegen lange Jahre in einer Klinik hatte verbringen müssen. Doch er stieß auf ein versteinertes Herz, und Paltrow zog erneut vor Gericht. Diesmal aber spielte sie ihre Rolle des traumatisierten Stalkingopfers nicht überzeugend genug. Die Richter sprachen Soiu frei und erkannten damit das Grundrecht des 66jährigen an, Paltrow seine Lebensweisheiten mitzuteilen.

Mit diesem Urteil wird endlich den zynischen Tricks ein Riegel vorgeschoben, mit denen manche Promis sich jene vom Leib halten wollen, die sie letztlich finanzieren. Schauspieler leben davon, im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. Sie haben somit kein Recht auf Privatsphäre. Eine Gwyneth Paltrow möchte einem Millionenpublikum als attraktiv und begehrenswert erscheinen. Sie muß daher auch die Folgen tragen, wenn diese Botschaft ankommt.