© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

Volksabstimmung in der Schweiz
Gewinnsträhne gerissen
Christian Vollradt

Eine gegen alle. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) gegen die anderen Fraktionen im Parlament, gegen die EU-freundliche Wirtschaft, gegen die Mehrheit der Medien. Das war die Ausgangslage bei den auch im Ausland vielbeachteten Referenden – und bisher das Erfolgskonzept. Denn die eine, die es mit allen aufnahm, hatte einen mächtigen Verbündeten: das Volk. Mochten die liberalen Eliten und das Ausland noch so die Nase rümpfen: die Eidgenossen votierten für schnellere Abschiebungen und gegen Minarette.

Nun ist diese Gewinnsträhne der Nationalkonservativen gerissen. Ihrer sogenannten „Durchsetzungsinitiative“ verweigerte eine Mehrheit der Schweizer Stimmbürger diesmal die Zustimmung. Für die stärkste Partei ist das eine Niederlage, ohne Zweifel. Für die direkte Demokratie hingegen nicht. Denn allem Geraune von der angeblichen Anfälligkeit für „populistische“ Vereinfachungen zum Trotz zeigte sich das Wahlvolk wieder einmal willens und in der Lage, über Sachfragen differenziert zu entscheiden.

Für die SVP – und alle, die ihr transalpin nacheifern – sollte es eine Lehre sein. Auch in der Politik gilt die alte Heimwerker-Weisheit: Nach „fest“ kommt „ab“; nicht nur ein Gewinde kann überdreht und dadurch unbrauchbar werden. Das politische Urgestein Christoph Blocher hat dies erkannt – und seine Partei zur Zurückhaltung gemahnt.