© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/16 / 04. März 2016

Zeitschriftenkritik: Weltruf
Deutsche Kultur im Ausland
Werner Olles

Auf eine Zeitschrift für Freunde der deutschen Sprache und Kultur rund um den Globus, die zum Kennenlernen kultureller Werte und Eigenheiten jenseits von Ländergrenzen einlädt, haben viele Leser lange gewartet. Im vergangenen Jahr erschien zum ersten Mal mit dem Weltruf eine – so der Untertitel – „Zeitschrift für Kultur, Wirtschaft und Geschichte Deutscher im Ausland“. Im Vorwort zur aktuellen Ausgabe gibt Herausgeber Wolfgang Betz seiner Hoffnung Ausdruck, daß die Zeitschrift „in einem erneut weiteren Leserkreis gut aufgenommen wird“.

Das Titelbild zeigt einen prächtigen Fachwerkbau in Blumenau, Santa Catarina, Brasilien, eine Imitation aus den 1970er Jahren, dessen Körper an das Rathaus von Michelstadt im Odenwald erinnert und mit einer Fachwerkfassade versehen wurde. Über echtes Fachwerk berichtet die Architektin Angelina Wittmann in ihrem Beitrag „Fachwerkbau in Südbrasilien“. Durch deutsche Einwanderer nach Brasilien gelangt, wurde Fachwerk in einigen Regionen der Bundesstaaten Espirito Santo, Santa Catarina und Rio Grande do Sul gebaut. Während es in Deutschland mit der lokalen Identität verbunden ist, sind in Brasilien viele der Meinung, daß der Fachwerkbau sich auf Altes und Vergangenes bezieht und wird als architektonisches Erbe und Vermögen leider nicht so geschätzt wie es sein sollte, schreibt die Autorin. Dennoch kommen aus allen brasilianischen Bundesstaaten, aber auch aus Argentinien und Uruguay immer mehr Touristen, um die deutschbesiedelten Gegenden in Brasilien kennenzulernen. 

Ulrich Schierz stellt in seinem Beitrag „Rota Romantica – die ‘Romantische Straße’ in Südbrasilien“ jene Ortschaften vor, die noch heute den kulturellen und wirtschaftlichen Einfluß der deutschen Siedler widerspiegeln. 1824 kamen aus dem Hunsrück die ersten Siedler ins Bundesland Rio Grande do Sul, wo sie einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgingen. So wie sie es von zu Hause her kannten, bauten sie Häuser und Kirchen in der ihnen vertrauten Fachwerkbauweise. Überall dort, wo sie sich niederließen, findet man bis heute Zeichen dieses kulturellen Nachlasses, der bis in die Siedlungen des Hochplateaus hinaufreicht. 1994 wurde die Strecke, an der die einzelnen Ortschaften liegen, zu einer einheitlichen touristischen Attraktion ausgebaut. So entstand mittels Erlaß der Landesregierung die brasilianische „Romantische Straße“. Heute reisen aus ganz Brasilien Besucher im Winter an, um in Gramado, dem größten Ort, der auf einer Höhe von 850 Metern liegt, eventuell einen Schneefall zu erleben und den Weihnachtspark zu besuchen.

Weitere Beiträge befassen sich mit Richard Kandt, dem Entdecker der Nilquelle und kaiserlichen Residenten von Ruanda, Deutsch-Ostafrika, dem Gedenken an die Vertreibung der Ungarndeutschen vor siebzig Jahren und dem Ortstafelstreit in Nordschleswig. Der „Weltruf-Leserdienst“ beschließt mit zahlreichen literarischen Empfehlungen das interessante und liebevoll bebilderte Heft. 

Kontakt: Weltruf-Leserdienst, Fliederstr. 14, 91564 Neuendettelsau. Das Einzelheft kostet 5 Euro, ein Jahresabo 36 Euro. 

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