© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/16 / 11. März 2016

Jetzt droht ihm die Abschiebung
Zuwanderung: Ein abgelehnter Asylbewerber mag die AfD und lehnt es ab, dem Steuerzahler auf der Tasche zu liegen
Markus Schleusener

Adrian Ruhi ist bereits zweimal in seinem Leben nach Deutschland gekommen. Einmal mit gefälschten Pässen. Damals durfte er bleiben. Später als echter Flüchtling. Doch diesmal droht ihm die Abschiebung. „Noch habe ich Aufschub“, sagt er und nippt an seiner Cola.

Die ganze Geschichte von Adrian Ruhi ist absurd, eine Tragikomödie. Der Asylbewerber sitzt in einem Café am Berliner Alexanderplatz und erzählt: Geboren wurde er 1990 im Iran. 2001 reiste er zum ersten Mal nach Deutschland. „Meine Mutter hatte alles genau geplant“, berichtet er. „Sie hat eine Schleuserorganisation beauftragt, die uns eine falsche Identität besorgt hat.“ Alles hat geklappt. Die Kleinfamilie – der Vater war im Iran geblieben – bekam ein Aufenthaltsrecht.

Aber Ruhi, der einen iranischen Vornamen trägt, sich aber lieber als Adrian vorstellt, wurde in der neuen Heimat nicht glücklich. Er lernte deutsch, kam aber nicht zurecht. „Ich hatte als 11jähriger bereits eine iranische Identität“, erinnert er sich. Mit 16 hält er es nicht mehr aus: Er geht zurück in den Iran. Das neue Leben in der alten Heimat hält nun aber erst recht nicht, was sich der Teenager davon versprochen hat. Es kommt zum Konflikt mit dem Vater. Dieser kommt mit den Freiheiten nicht zurecht, die Adrian aus Deutschland mitgebracht hat. „Er hat mich übel fertigmachen lassen.“ Nicht zuletzt auch, weil Adrian sagt, er glaube nicht an Gott – ein Tabu im Gottesstaat. Adrian sagt, er sei Atheist. Das wird im Mullahstaat nur so lange geduldet, wie es niemand öffentlich tut. Wehe aber, wenn es bekannt wird. Weil der innerfamiliäre Zwist eskaliert sei, wüßten die Machthaber in Teheran jetzt, daß er Atheist sei und würden ihn nun wirklich verfolgen, so Adrian. Seine zweite Reise nach Deutschland beginnt. Eine mühseligere als die erste.

Über die Türkei, Griechenland, Italien und Frankreich gelangte er 2013 nach Deutschland, wo er einen Asylantrag stellte. Mit seiner Vita im Hintergrund war dies ein aussichtsreiches Unterfangen. Er wundert sich darüber, wie viele Wirtschaftsflüchtlinge mit Lügen durchkommen und Asyl erhalten. Er aber scheitert, obwohl er die Wahrheit sagt.

„Ich wollte nicht lügen“, beteuert er. Er habe genau seine Geschichte erzählt. Ihm drohe in der Heimat eine harte Strafe, wenn nicht der Tod. Aber die Behörde lehnte seinen Antrag ab.

Aus seinem Wohnheim mußte er nun ausziehen. Er könnte seinen Paß wegwerfen und sich neu bei der zentralen Aufnahmestelle melden. Er wäre nicht der erste, der es so macht. Aber wieder unterstreicht er, daß er bei der Wahrheit bleiben wolle. Lügen kommt nicht in Betracht. Das machen nur die anderen. Er zeigt sogar den Straßenbahnschein vor und beteuert, den habe er von seinem letzten Geld gekauft. Er wolle nicht schwarzfahren. Lügen – kommt nicht in Frage. 

Also wendet er sich an die AfD, unter anderem, um darauf hinzuweisen, daß es viele Kriminelle und Lügner unter den Asylanten gebe. Wieso geht er damit zur AfD? „Ich habe verstanden, daß sie eine rechte Partei ist, die sich dafür interessieren könnte.“ Wäre er Deutscher, würde er vielleicht auch FDP wählen, aber die „hat jetzt keine Relevanz mehr“. Er würde seine Geschichte und seinen Ärger mit dem Gottesstaat gerne auch einmal bei einer Parteiveranstaltung vortragen, schließlich kennt er den Islam. Und Islamkritik verortet er bei der Alternative für Deutschland. „Ich habe Hunderte Male von Arabern gehört, daß sie Deutschland übernehmen mit ihren hohen Geburtenraten“, sagt er. 

Er haßt es auch, dem Sozialstaat auf der Tasche zu liegen, und würde lieber eigenes Geld verdienen. Er hat das Gefühl, daß andere an ihm verdienen: „Das Wohnheim, in dem ich war, hat 50 Euro am Tag bekommen für alles. Das war es nicht wert.“ Er habe den Armutsbürokraten vom Sozialamt gesagt, er bräuchte nur 200 Euro für ein WG-Zimmer, aber darauf wollten die sich nicht einlassen. Es gab immer nur die Kostenübernahme für das Hotel, in dem er monatelang gewohnt hat. „In einem halben Jahr haben sie etwa 9.000 Euro für mich bezahlt – viel zuviel“, findet er. Das sei eine große Industrie auf Kosten der Asylbewerber und Steuerzahler. „Ich gehe seit zweieinhalb Monaten nicht mehr zum Sozialamt. Ich habe es eigentlich vom ersten Tag an abgelehnt, der Allgemeinheit auf der Tasche zu liegen. Es ist aber schwer, eine Arbeit zu finden, auch jetzt, da das Arbeitsverbot so gut wie gekippt ist.“

Es ist noch nicht klar, wie es weitergeht für den 26jährigen. Er überlegt, gegen das Urteil vorzugehen. Nur eins ist für ihn klar: Weder Lügen noch eine Rückkehr in den Iran kommen für ihn in Betracht.