© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/16 / 11. März 2016

Schutzgeld statt Leistungsschutzrecht
Verlage wie Holtzbrinck kassieren bei Google ab – und prompt ändert sich ihre Einstellung zu dem US-Multi
Ronald Gläser

Der Tagesspiegel war voll des Lobes für die Spendenbereitschaft der Internetsuchmaschine: „Google investiert jetzt in Charity“, lautet der erste Satz eines Berichts über das gemeinnützige Engagement des US-Multis. 3,75 Millionen Euro will Google an soziale Projekte, darunter mehrere Institutionen der Asylindustrie, vergeben. Wie großzügig!

Die Autorin des Beitrags verschweigt ihren Lesern jedoch, daß kurz zuvor eine weitere Vergabe von Google-Geldern stattgefunden hat: Laut RT Deutsch erhalten mit Rheinischer Post, Wirtschaftswoche und Tagesspiegel drei deutsche Zeitungen Geld von Googles Digital News  Initiative (DNI). Im Fall des Tagesspiegels handelt es sich um einen Betrag von 250.000 Euro.

Warum verschenkt ein Konzern Geld an andere Konzerne? Und warum gerade Google, wo die Firma in der Vergangenheit vor allem durch ihre Steuervermeidungsstrategie wie etwa den Firmensitz auf den Bermudas für Schlagzeilen gesorgt hat? Insider berichten, daß das Geld dazu beitragen soll, das angespannte Verhältnis zwischen Google und dem Zeitungswesen aufzubessern. Seit Jahren versuchen Verlage in Europa, Google für Google News zur Kasse zu bitten. 

Ihre Forderung lautet: Google soll dafür zahlen, daß es ihnen mehr Leser bringt. In Form des „Leistungsschutzrechts“ wurde dies sogar Gesetz. Es entpuppte sich jedoch als der größte Flop der schwarz-gelben Regierung. Denn Google kürzte einfach Links zu Zeitungen, die nach Verabschiedung des Gesetzes tatsächlich Geld verlangten. Ergebnis: Zeitungen wie beispielsweise die Welt, verloren an Reichweite im Netz.

Trotzdem zahlt Google jetzt ausgesuchten Verlagen ein Schutzgeld. Der Tagesspiegel und die Wirtschaftswoche gehören zur Holtzbrinck-Gruppe, dem achtgrößten deutschen Medienkonzern. Die freundliche Berichterstattung über das karitative Engagement von Google ist vermutlich nur ein Teil des Entgegenkommens: Im Kampf um das Leistungsschutzrecht hatte Holtzbrinck nicht zu den Hardlinern unter den deutschen Medienkonzernen gehört.